Nordseeküstenradweg / North Sea Cyle Route
In neun Jahren einmal um die Nordsee
Eine Radreise mit Kindern


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Auswahl nach Land

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2012
Nordseeküstenradweg / North Sea Cyle Route
Norwegen
Von der Schärenküste in die rauen Fjorde


Titelbild 2012


Vorbemerkungen

Nun liegen also 18 Etappen in Norwegen vor uns, auf insgesamt neunzig werden wir es gebracht haben, wenn wir in drei Wochen Bergen erreicht haben.
Und es kommen 737 Kilometer auf den Tacho, das bedeutet, dass wir am Ende 3792 Kilometer auf dem Nordseeküstenradweg werden zurückgelegt haben. Toll!
Schon in all den vorangegangenen Jahren ist mir stets bewusst gewesen, dass wir über ein Fortsetzen des NSCR-Etappenprojekts von Jahr zu Jahr zu entscheiden haben. Sollte sich herausstellen, dass es keinem mehr Spaß macht, dann steht der Sinn in Frage. Mit dem Erreichen Fjord-Norwegens werden wir endgültig mit anspruchsvollen Fahrbedingungen konfrontiert - vor allem für die Kinder wird dies, so denke ich, bisweilen eine echte Herausforderung (dies eher im mentalen Sinne; in physischer Hinsicht sind beide als Leistungsschwimmerinnen extrem fit). Somit sehe ich die diesjährige Reise durchaus als "Entscheidungsfahrt" für oder gegen ein Fortsetzen des NSCR-Projekts.
Wenn also das norwegische Relief den Mädels derart zusetzt, dass es ihnen keinen Spaß mehr macht, dann ist vermutlich auch die Weiterreise im kommenden Jahr keine Option mehr.
Zum Glück sollten sich alle im Vorfeld gehegten Bedenken als haltlos erweisen - Johanna und Antonia werden gleichermaßen rüstig die Berge hinauffahren, werden beide mal ihre schlechteren Tage haben, dabei aber niemals das Projekt insgesamt in Frage stellen. Ganz im Gegenteil, ich nehme mit großer Freude wahr, dass sie sich alle beide sehr für die grandiose Natur begeistern können, welche wir durchmessen.
Wenn also nicht andere Umstände die Planung durchkreuzen, so wird es vermutlich ein "NSCR 2013" geben. Wie wunderbar!




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Sonntag, 24.06.2012

Karte Tagesetappe


Um 06:30 klingelt der Wecker. Duschen. Hänger beladen. Brote schmieren. Es regnet, als um acht wie verabredet Werner und Sigrid auf die Auffahrt rollen. Hänger ankoppeln, rein ins Auto. 08:15 Abfahrt. Regen, Regen.
Um 14:00 erreichen wir Hirtshals, natürlich erkenne ich einiges wieder, ist ja auch erst zwei Jahre her, dass wir hier durchradelten…
Werner und Sigrid werden ein paar Tage in Norddänemark Urlaub machen und da es noch recht früh ist, fahren wir erst einmal zu deren Hotel am Südrand des kleinen Ortes, so dass sie schon mal einchecken können.
Um 16:00 geht es aufs Schiff, wieder diese verrückte Schnellfähre, mit der wir im Vorjahr auch schon fuhren. Immer noch kräftiger Regen. Wir verabschieden uns von Sigrid und Werner, sagen Dankeschön und sind die ersten an Bord. Schnell füllt sich das Schiff und um 17:00 geht die Reise los. Es regnet weiterhin und dabei weht ein kräftiger Wind, so dass wir erheblichen Seegang haben, was dazu führt, dass binnen einer halben Stunde der komplette Kahn nach Erbrochenem stinkt. Ich verstehe die Leute nicht, überall wird hingekotzt; die Klos sind so was von ungenießbar - selbst die Wände sind voll von Erbrochenem. Man kann doch wenigstens die Toilette nehmen. Widerlich.
Mir selbst geht es so mittelprächtig, hatte ja eigentlich noch nie Probleme mit schaukelnden Schiffen; ich halte mich die meiste Zeit draußen auf (was auf diesem beknackten Schiff auch nicht unbedingt toll ist, es zieht, stinkt nach Abgasen und ist kalt…).

Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen

Mit mehr als sechzig Sachen über den Skagerrak


So sind wir doch einigermaßen froh, dass diese Fahrt nach gut zwei Stunden endet und wir in Kristiansand einlaufen. Auch hier regnet es.
Es gibt kein Startfoto, vielmehr sind wir damit beschäftigt, unsere Regensachen aus den Packtaschen zu wühlen. Für kurzfristige Anspannung sorgt dann der Geldautomat, denn der tut erst so, als wolle er uns Geld geben, spuckt dann aber doch nichts aus. Wir fragen uns, ob er nun gebucht hat, und die Scheine vielleicht irgendwo in der Maschine hängen.
Erst als wir einen anderen Kunden beobachten, bei dem alles prima funktioniert, sind wir etwas beruhigt. Ich wähle bei einem zweiten Vorgang einen niedrigeren Betrag und siehe da, kein Problem…
Kaum, dass wir dann nach wenigen Hundert Metern aus der Stadt heraus sind, führt der Weg auf einer kleinen Straße in den Wald. Der Regen stört mich überhaupt nicht, vielmehr freue ich mich, wieder hier zu sein. Bäche rauschen am Wegesrand und dann geht es auch schon den ersten kleinen Berg hinauf: 146 Meter - damit haben wir bereits einen neuen NSCR-Höhenrekord aufgestellt!
Ich genieße die Fahrt. Bei Kilometer 10 habe ich den ersten Platten, was sich schnell und problemlos beheben lässt. Spät, erst gegen 22:00 erreichen wir den Zielort Åros, wo sich der nächste Campingplatz befindet. Ich hatte bereits vor Wochen geklärt, dass es kein Problem sein würde, dort so spät einzutreffen.
Es regnet noch immer, uns wird eine kleine nasse Wiese unterhalb einer Felswand zugewiesen, zwei weitere Zelte stehen dort bereits. Toni ist fix und fertig. Claudia kümmert sich um sie, hilft den Kindern beim Zeltaufbau. Ich stelle indes das große Zelt auf. Alles ist irgendwie nass.
Noch eine Partie Backgammon mit Joe und dann geht es um Mitternacht zu Bett.



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Montag, 25.06.2012

Karte Tagesetappe


Über Nacht hat es noch viel geregnet und ich bin nicht besonders begeistert, dass es doch recht nass geworden ist im Inneren unseres Zelts…
Wir schlafen aus, stehen erst um halb zehn auf und dann begrüßt uns freundliches Wetter, wir können draußen frühstücken und die nassen Sachen zum Trocknen aufhängen. Dabei fällt mir auf, dass ich leider die Tarpstange vergessen habe, die ich vor kurzem eigens zum Aufspannen einer Leine gekauft hatte. Das hatte sich bereits auf den Kurztouren mit den Kindern - OSKR und Schwentine - sehr bewährt; habe sie im Stangensack des alten Vaude vergessen. Blöd. Immerhin nicht vergessen habe ich die kleinen Fähnchen der von uns bereits bereisten Länder, die ich nun erstmals draußen aufhänge. Ich hatte auch eine Fahne mit NSCR-Logo in Auftrag gegeben, das hat die Firma jedoch leider nicht vernünftig hinbekommen, so dass ich ihnen die nicht abgenommen habe.

Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen, Campingplatz bei Søgne

Das erste Lager auf dem Campingplatz bei Søgne


Flüchtig lernen wir auch die Bewohner der beiden anderen Zelte auf der Wiese kennen: ein mit dem Auto reisendes Pärchen mittleren Alters aus Ostdeutschland sowie zwei Niederländer mit Rädern und kleinem Vaude. Noch ahnen wir nicht, dass wir die beiden letztgenannten noch sehr oft wiedertreffen werden…
Wir lassen es gemütlich angehen, geben den Kindern noch die Möglichkeit, im Pool baden zu gehen und starten dann um 14:00 in die Etappe. Das Relief ist wellig, etwa 360 Höhenmeter wird uns der Tag auf den gut vierzig Kilometern bescheren. Einmal, ich fahre gerade ein ganzes Stück vor den Mädels, kommt mir ein älterer Herr entgegengeradelt, der dann kurze Zeit später wendet und mir hinterher geradelt kommt. Ich warte auf ihn und wir kommen ins Gespräch: er interessiert sich für mein Velo und für die Packtaschen, da er radreisemäßig noch unerfahren ist und in Kürze plant, von Norwegen nach Italien zu radeln… Nette Begebenheit.
Die Strecke ist durchweg schön, wir fahren nur auf kleinen Straßen mit wenigen Autos. Einmal zieht kurz ein Regenschauer durch, doch bald darauf haben wir wieder schönes Sommerwetter. Immer wieder legen wir kurze Pausen ein, in denen die Kinder dann Kletterpartien in den Felsen unternehmen und mich auch überreden, mitzukommen.

Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen

Unterwegs in Norwegen


Am Abend erreichen wir den Campingplatz von Mandal, hübsch in einem Kiefernwäldchen gelegen. Ganz in der Nähe entdecken wir das beige-braune Vaude der Niederländer, die wir dann auch kurze Zeit später begrüßen.
Wir sind hungrig und vertilgen, kaum das wir die Zelte aufgebaut haben, das restliche Spinat-in-Blätterteig-Zeug und noch einige Brote. Es folgen ein kurzer Spaziergang an den nahen Strand, eine ausgiebige Kniffelrunde und allerlei Simsen: Koordinaten an Werner, Nachrichten an die Eltern, an Birgit, an Sarah…
Ich habe das Gefühl, dieses Norwegen ist mir sehr vertraut, ein wenig kommt es mir so vor, als sei ich gar nicht weg gewesen in den vergangenen elf Monaten. Es ist eine angenehme Regung.



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Dienstag, 26.06.2012

Karte Tagesetappe


Sonne am Morgen! Während wir nach dem Frühstück die Zelte abbauen, spricht uns ein norwegischer Nachbar an, der sich offenbar für unsere Art des Reisens interessiert. Sein Deutsch ist ziemlich gut und im Gespräch stellt sich heraus, dass er in Kiel studiert hat und am Wilhelmplatz gewohnt hat - kleine Welt! Es setzt sich die Erfahrung des Vorjahres fort, dass wir in diesem Land sehr freundliche Menschen treffen.
Gegen Mittag beginnt unsere Etappe an diesem Sommertag. Ein kleines Stück müssen wir durch den Ort Mandal fahren, dann geht es hinein in den Wald und zum Teil entlang eines Sees. Schon wieder eine wunderschöne Strecke, allerdings sind die unbefestigten Wege immer wieder mit biestigen Anstiegen gespickt.
Nach zehn Kilometern lädt ein Fleckchen am See zur Pause ein, die Kinder und ich springen direkt mal hinein und schwimmen ein wenig in dem kühlen Nass, dann gibt es Tee und ein zweites Frühstück.
Die Strecke setzt sich ziemlich hügelig fort und die Kinder fegen nur so die Berge hinauf, sogar ich habe manchmal Mühe, dranzubleiben Bis zum Etappenende zählt das GPS knapp 700 aufwärts geradelte Höhenmeter.
Zweimal habe ich unterwegs einen platten Reifen zu beklagen, einmal vorne und einmal hinten. Das nervt ganz schön und ich frage mich echt, was das wohl soll, immerhin fahre ich die teuersten Schwalbe-Reifen, den Marathon XR.

Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen

Eine ganze Serie von Reifenpannen plagt mich - bis ich mir schließlich neue Bereifung kaufe...


Um sechs erreichen wir den Zielcampingplatz, wir stellen unser Zelt auf eine kleine Wiese in unmittelbarer Nähe eines Spielplatzes. Ein kühler Wind weht, obgleich es weiterhin sonnig und freundlich ist. Wir haben ordentlich Kohldampf und futtern eine ganze Ladung Nüsse und Kekse, bevor wir uns noch mal auf eine kleine Ausflugsfahrt begeben, nämlich zum vier Kilometer entfernten Leuchtturm Lindesnes fyr.

Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen, Lindesnes-Halbinsel

Auf der Lindesnes-Halbinsel




Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen, Lindesnes

Abendliche Ausflugsfahrt zum südlichsten Leuchtturm Norwegens...


Ein kräftiger Wind pustet uns um die Ohren, als wir über die hügelige und exzellent asphaltierte Strecke südwärts sausen.
Bald erreichen wir den riesigen, aber fast leeren Parkplatz, dessen schiere Größe annehmen lässt, dass es zu anderen Tageszeiten hier ziemlich voll sein wird - Lindesnes fyr ist der südlichste Leuchtturm des Landes und somit ein Touristenmagnet.
Der Zufall will es, dass wir um 20:01 das Kassenhäuschen und die Schranke passieren, wo man normalerweise (…bis 20:00) Eintritt zahlen muss.
Da haben wir also Glück gehabt! Wir freuen uns, dass wir ein bisschen Geld gespart haben und genießen es, zu dieser relativ späten Stunde fast die einzigen Besucher dieser exponierten Landzunge zu sein. Wir staunen, dass sogar der Leuchtturm noch geöffnet ist, so dass wir hinaufsteigen können.

Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen, Lindesnes fyr

...dem "Lindesnes fyr".




Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen, Lindesnes

Spektakulär schöne Küste am Südzipfel der Lindesnes-Halbinsel - rau und wild!


Ich klettere ein wenig über die Felsen und stelle mich auf die Klippen. Mit Macht bläst der Wind von Westen, wild schäumt das Meer unter mir, es rauscht in den Ohren. Die schroffe, karge Schönheit der Küste lässt mich den Tränen nahe sein. Lange nicht mehr erlebt! Ich genieße das sehr!
Im Zweiten Weltkrieg haben deutsche Truppen auch hier eine Verteidigungsstellung angelegt, die Felsen sind durchzogen von einem Gang- und Tunnelsystem. Die Kinder haben Mordsspaß, dieses zu erkunden. Mal sieht man sie eine ganze Weile gar nicht mehr, dann lugt plötzlich irgendwo wieder ein Kopf aus den Steinen…
Gut zwei Stunden halten wir uns auf, bevor es zu kalt wird und wir die Rückfahrt zum Campingplatz antreten. Dort treffen wir die beiden Görlitzer wieder, denen wir am Ankunftsabend in Åros begegnet sind.
Bevor es zu Bett geht, kochen wir Nudeln in der kleinen, engen Küche des Campingplatzes und spielen dann im angeschlossenen Aufenthaltsraum noch fast bis Mitternacht. Wirklich dunkel wird es nicht.



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Mittwoch, 27.06.2012

Karte Tagesetappe


Schon wieder ein sonniger Morgen! Das freut mich im Besonderen, da bisher der Sommer doch eher noch auf sich warten ließ und die letzten Wochen in Schleswig-Holstein reichlich durchwachsen waren…
Seitens anderer Gäste auf dem Campingplatz ist reges Interesse an unserer Art des Reisens zu verzeichnen, gleich mehrere Personen sprechen uns an, erkundigen sich, wie es ist, in dieser "bergigen" Gegend zu radeln und das auch noch mit den Kindern - und dem auffällig voluminösen Gepäck… Gerne geben wir Auskunft!
Wir frühstücken lange und in Ruhe an einem Tisch. Anschließend stellt Claudia Berechnungen zur Etappenplanung für die kommenden zweieinhalb Wochen an.
Wieder ist es fast Mittag, als wir unsere Räder in Bewegung setzen und zunächst die etwa acht Kilometer zurücklegen, die uns wieder nach Spangereid auf den Nordseeküstenradweg bringen. Die Strecke ist wellig, die höchste Erhebung liegt bei 73 Metern über dem Meeresspiegel.
Etwas Mühe haben wir, in Spangereid den Supermarkt zu finden, was aber schließlich doch noch gelingt, so dass wir unsere Vorräte auffüllen können.
Kaum dass wir dann aus dem Ort heraus sind, geht es auch schon an den Berg. Die heutige Etappe wird hinsichtlich der erklommenen Höhenmeter die Königsetappe des Sommers sein: 903 hm stehen am Abend auf dem Display!
Toni bekommt dabei oft Hilfe von mir, Johanna fährt so gut wie alles alleine. Claudia schiebt einige Passagen, die Stimmung ist insgesamt immer super. Beim Anstieg auf den 220m-Pass treffen wir die beiden Niederländer wieder - gut gelaunt schieben auch sie die Serpentinen hinauf. Es ist ein Sommertag, an dem die Plätze für kurze Pausen nach dem Vorhandensein von Schatten ausgewählt werden! Wir kommen alle ganz schön ins Schwitzen. Ich staune, wie wacker Johanna und Antonia sich halten, nicht ein einziges Mal ist Klagen oder Gejammer zu hören. Die meiste Zeit spiele ich mit den Kindern, wir bilden endlose Wörterreihen, mal sind es Ortsnamen, mal Städte, mal Länder…
Auf dem Weg nach oben hat irgendwann mal Toni einen Plattfuß. Wir nutzen die Reparatur-Unterbrechung direkt für eine Kuchenpause, es gibt das klassische Hefegebäck mit Kardamom, Schokostücken und Zuckerguss. Typisch Norwegen!

Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen

Und dann wieder: liebliche Ausblicke im Landesinneren




Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen

Traumhaftes Norwegen


Auf der Passhöhe bei sensationellen 220 Metern ist eine weitere Pause geplant, die wird uns allerdings von den Midges gründlich vermasselt - diesen Viechern ist es offenbar ein Genuss, den schwitzenden Radlern auf die Nerven zu gehen… So kommt es, dass wir uns nicht besonders lange aufhalten.
Es folgt eine rasende Abfahrt. Die Kinder fahren gut und vorsichtig, haben das ganz prima unter Kontrolle und trotzdem bin ich nach jeder Gefällestrecke froh, wenn sie heil unten angekommen sind!
Kilometer 27: Platten Nummer 4 bei Heiko, hinten. Ich kriege die Krise, muss mich zusammenreißen, das schöne Velo nicht den Berghang hinunterzuschleudern… Ich flicke es und sofort danach fühlt es sich schon wieder teigig an und auch vorne scheint es Luft zu verlieren. Ich verstehe das nicht.
Noch so manch garstiger Berg stellt sich uns in den Weg und wird von uns bezwungen, die Landschaft ist grandios. Mir fällt auf, dass die Besiedlungsdichte der durchfahrenen Gegenden im Vergleich zum Vorjahr deutlich abgenommen hat. Nachdem Norwegen bei mir 2011 einen eher etwas durchwachsenen Eindruck mit bisweilen beklemmender Komponente hinterlassen hat, so habe ich nun das Gefühl, mich zu versöhnen. Nicht nur das, ich spüre eine wachsende Begeisterung für dieses Land und damit verbunden erhält auch die Sehnsucht nach der langen Nordkappfahrt (…ein schon seit sehr langer Zeit von mir gehegter Radreise-Traum…) neue Energie. Einmal mehr drängt sich mir die Frage auch, ob ich in meinem Leben wirklich die richtigen Prioritäten setze…
Am Abend erreichen wir (ich mit teigigen Reifen, Platten Nummer 5) den südwestlich von Farsund gelegenen Campingplatz Lomesanden. Er ist teuer und von der nahen Fabrik weht ein penetranter Lackgestank und Lärm herüber… Ich bin mir nicht sicher, ob ich hier wirklich den geplanten Ruhetag verleben möchte.
Abendverlauf: Dusche, Fahrrad flicken, Instant-Pü mit Bacon (die Kinder lieben es…) und Kniffel bei bemerkenswert niedrigen Temperaturen…



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Donnerstag, 28.06.2012


Wir schlafen sehr lange, frühstücken erst um halb zwölf auf der Wiese. Da ich die Nase voll habe von den ewigen Platten, plane ich, nach Farsund zu fahren, um mir Ersatzreifen und neues Flickzeug zu besorgen. Johanna begleitet mich auf der Fahrt. Dies findet nach zwei Kilometern ein jähes Ende: Platten Nummer 6. Wir gehen also zu Fuß weiter.
Bald kommen uns zwei bekannte Gesichter entgegen: es sind die fröhlichen Niederländer! Sie halten an, es gibt ein Pläuschchen, bevor sie ihre Fahrt und wir unseren Spaziergang fortsetzen…
Schließlich erreichen wir Farsund und finden auch bald ein Sportgeschäft, in welchem ich mit Glück zwei Mäntel (für günstige zehn Euro pro Stück) jedoch keine Schläuche finde.
Wir bekommen allerdings einen Tipp, wo es die noch geben könnte - klappt dann auch. Vor einer Bibliothek nehme ich die Reparatur des platten Reifens vor, der wird später am Campingplatz ausgetauscht. Auch wenn die Sonne scheint, so weht doch ein kühler Wind. Wir besorgen noch den Einkauf für das geplante Grillen am Abend, kaufen Postkarten und verbringen ein Weilchen am Hafen.
Wieder am Zelt futtern wir Jogurt und Cornflakes, ich kümmere mich um mein Rad und gehe später eine Weile mit Toni an den Strand zum Feuerquallenfangen.
Das Grillfleisch schmeckt nicht besonders, obwohl es teuer war, schade. Vielleicht sollte man in Norwegen einfach nicht mehr grillen. Später versammelt sich die deutsche Gästegemeinde des Campingplatzes im Aufenthalts- und Fernsehraum, denn es findet das EM-Spiel Deutschland gegen Italien statt. Ich folge dem nur halbherzig, kümmere mich vielmehr um meine Postkarten. Nach der ersten Halbzeit bin ich damit fertig und ziehe mich dann mit Johanna ins Zelt zurück.
Deutschland verliert übrigens 2:1 und ist damit raus aus dem Turnier. Bald setzt Regen ein. Erst einmal Schluss mit dem Sommer?



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Freitag, 29.06.2012

Karte Tagesetappe


Um halb sieben bricht ein infernalisches Gewitter mit Starkregen über uns nieder. Das stört mich bekanntermaßen normalerweise nicht. Allerdings wundere ich mich im Halbschlaf, warum Claudia immer wieder an meiner Isomatte anklopft. Zumindest denke ich, dass sie das tut. Ich werde eines besseren belehrt, als sie mich weckt, um mich darauf aufmerksam zu machen, dass unser Zelt gerade von ziemlich viel Wasser unterspült wird! Und in der Tat, der Boden wabert, in der Apsis steht bald zehn Zentimeter hoch das Wasser, auf der Oberfläche schwimmt die Cornflakestüte! Ich muss sofort an die denkwürdige Übernachtung am Jökulsarlon 1995 denken…

Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen

Starkregen am Morgen hat die Apsis geflutet


Das Zelt von innen ist zunächst trocken. Ich gehe hinaus, um die Lage zu inspizieren, finde eine Teva-Sandale von mir einige Meter weit fortgespült wieder. Das Wasser hat unglaublich viel Dreck an unser Zelt und an die Gegenstände in der Apsis geschwemmt.
Immerhin lässt der Regen etwas nach. Der Campingplatz ist terrassenförmig angelegt, unser Lagerplatz befindet sich relativ weit unten und dazu noch in einer kleinen Bodensenke. Alles Wasser läuft von oben kommend auf die Straße, sammelt sich dort, fließt weiter über "unser Grundstück" um sich dann in einer weiteren Senke unterhalb unseres Zeltes zu sammeln. Der Boden ist knüppelhart, nimmt kaum Wasser auf. Ich verstehe nun, warum hier alle Wohnwagen und Vorzelte auf einem Unterbau aus Europaletten aufgestellt sind!
Das Zelt der Kinder steht etwas abseits in leicht erhöhter Position, so dass es nicht betroffen ist. Ich bin mir unsicher, was die Beurteilung der Lage angeht, kann nicht einschätzen, wie viel Wasser noch von höheren Lagen nachläuft, auch wenn die Niederschlagsintensität nun abnimmt. Doch was bleibt uns übrig? Abwarten! Ich sichere alle Gegenstände in der Apsis und lege mich wieder in den Schlafsack. Eigentlich wollten wir hinsichtlich unserer für heute geplanten Weiterreise und einer anstehenden längeren Etappe um 07:45 aufstehen, das verschieben wir nun auf 08:45.
Inzwischen ist es auch im Zelt nass: nicht wenig Wasser findet sich unter den Isomatten - hat es sich durch den Boden gepresst? Ärgerlich bei einem doch recht teuren Zelt…
Der Regen geht über in einen fetten Niesel und es ist mit 16-17°C relativ warm. Wir gehen zum Frühstücken in den Aufenthaltsraum.
Der Zeltabbau ist einigermaßen ekelhaft bei all dem Schmodder… Doch schließlich sitzen wir auf den Rädern und rollen hinaus in den grauen, feuchten Tag. Bis zum Leuchtturm Lista fyr ist das Terrain weitgehend eben, die Wege sind zumeist nicht asphaltiert, die Sicht beträgt oft nur wenige Meter. Um 14:00 erreichen wir nach zwanzig gefahrenen Kilometern den Leuchtturm und es hört auf zu regnen. Wir essen eine Kleinigkeit, erkunden das Terrain, entdecken ein paar Schafe im Nebel und führen eine kleine Debatte über die weitere Planung des Tages.
Wir entscheiden uns dafür, noch die bergigen 45 Kilometer bis Kvinesdal zu fahren und nicht den nahen Campingplatz anzusteuern. Wir setzen dann also unsere Reise fort, holpern über ein paar Feldwege durch ein Gebiet von sehr ländlichem Gepräge. Nicht lange dauert es, da erblicken wir an einem kleinen Hof eine Herde Alpacas, was vor allen den Kindern eine große Freude ist. Eine ganze Weile stehen wir am Zaun und betrachten die Tiere und füttern sie mit Gras. Sehen wirklich nett aus mit ihrem dicken Fell und dem freundlichen Blick.

Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen, Alpacas

Eine kleine Herde Alpacas am Wegesrand ist vor allen den Kindern eine Freude...


Einige Kilometer folgen noch in weitgehend ebenem Terrain, dann geht es erwartungsgemäß etwas ruppiger zu, als wir die Küste nördlich der kleinen Ortschaft Stave erreichen. Auf unbefestigten kleinen Straßen rollen wir durch eine trübe aber überaus reizvolle Landschaft. Niedrige Steinmauern begrenzen die Felder, vereinzelt finden sich Höfe, links von uns rauscht das Meer. Mich erinnert dieser Abschnitt sehr an die Gegenden, welche wir in Schottland zu sehen bekamen. Das regelmäßige Bergauf und Bergab ist allerdings durchaus anstrengend. Johanna ist heute nicht so fit, braucht öfter mal Unterstützung bei den Steigungen.
Es schließt sich ein asphaltierter Streckenabschnitt an und dann bekommen wir erstmals eine echte, raue Fjordlandschaft zu sehen, als uns die Straße entlang eines Seitenarms des Fedafjorden führt. Steiler, grauer Fels, toll anzuschauen!
Später kommt sogar noch mal die Sonne zum Vorschein, als wir über zweihundert Meter über dem Fjord auf bestem Asphalt auf unseren Zielort Kvinesdal zurollen. Ein weiteres Mal sehen wir heute Alpacas: etwas abseits der Straße liegt eine Wiese, auf welcher ein sehr junges Tier gerade von einem Mädchen versorgt wird. Einen Moment zögern Johanna und Antonia, dann trauen sie sich doch, hinzugehen. Das Mädel ist ungefähr in Johannas Alter und erzählt, dass das Kleine gerade erst geboren wurde.

Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen, Fjordland

Die Schärenküste liegt nun endgültig hinter uns, wir sind in Fjordnorwegen!




Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen

Schroff zeigt sich die Landschaft und trübe ist das Wetter am heutigen Tag


Rasante Abfahrt nach Kvinesdal - bin mal wieder froh, dass vor allem die Kinder das unbeschadet überstanden haben.
Wir erreichen den Ort, erledigen noch einen Einkauf, um dann noch ein letztes Mal für heute einen durchaus biestigen kleinen Berg zu erklimmen, an welchem laut unserer Karte der Campingplatz lokalisiert sein soll. Dieser ist dann aber nur bedingt als ein solcher auszumachen; neben einem Schwimmbad gibt es eine Wiese und einen großen Parkplatz, keine Rezeption, keine Hinweisschilder, zunächst kein Mensch weit und breit. Seltsam.
Dann kommt doch noch jemand, ein junger Kerl steigt aus seinem Auto… "are you in charge?" - "Yes!" Ein wenig scheint er auch bescheid zu wissen, kann uns aber auch nur ungefähr sagen, was denn die Übernachtung kostet. Letztlich geben wir ihm 150 Kronen, was etwa zwanzig Euro entspricht und recht günstig ist.
Wir stellen die Zelte auf der Wiese in der Nähe des kleinen Duschgebäudes auf, welches eigentlich zum Schwimmbad gehört. Joe und Toni verschwinden dann auch bald für eine gefühlte Ewigkeit in den Duschraum. Mädchen. Unglaublich :-)
An Draußensitzen ist heute nicht zu denken, die Luft ist derart mit Midges gesättigt, dass man sie bisweilen mit einatmet, ziemlich ekelhaft. Und da ich partout kein Feuerzeug finde, können auch keine Nudeln gekocht werden, wie eigentlich geplant. So machen wir uns nur ein paar Brote, kommen dann gegen Mitternacht zu Bett.

Das war heute mit 66 Kilometer die längste Etappe des Urlaubs, dabei haben wir über 800 hm geschafft, auch fast rekordverdächtig… In der abschließenden Rückschau wird sich zeigen, dass wir in der ersten Woche dieser 2012er NSCR-Etappe überproportional viele Streckenkilometer und Höhenmeter geschafft haben. Dabei waren wir in den ersten Tagen wohl noch von einer gewissen Unruhe getrieben, so nach dem Motto "Was wir haben, das haben wir; wer weiß, was noch kommt…". Wobei wir dank unserer tollen Karten durchaus wussten, dass das Ärgste uns auf den ersten Etappen würde bevorstehen und dass es irgendwann deutlich harmloser werden würde.



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Samstag, 30.07.2012

Karte Tagesetappe


Regen prasselt aufs Dach, da drehen wir uns doch lieber noch mal um… Ich schlafe bis 10:15, dann rafft sich Claudia auf, in einer Regenpause zum Brotkaufen in die Stadt zu fahren, wird auf der Rückfahrt aber dann doch nass. Erst um zwölf beginnen wir mit dem Frühstück, nicht nur des feuchten Wetters wegen, nein, auch heute morgen sind die Midges wieder die Pest.
Wie immer schmieren wir uns Brote für den Tag und ich bereite mir mit meinen grünen Teeblättern einen zweiten Aufguss für den Tag für unterwegs - eine Angewohnheit, die ich aus dem letzten Paddelurlaub mitgebracht habe; dereinst habe ich es während der kalten und oft nassen Pausen sehr genossen, einen warmen Tee zu haben. Für zukünftige Fahrten werde ich aber wohl so viel Tee mitnehmen, dass ich nicht auf ein zweites Aufgießen angewiesen bin. Schmeckt ja doch nicht ganz so gut…
Trotz des recht durchwachsenen Wetters vergnügen sich die Kinder lange im Pool, 30 Kronen, also etwa vier Euro kostet das pro Person. Ich bin zunächst skeptisch, ob sich das lohnen würde, zumal es mit 16°C wirklich nicht besonders warm ist, doch sehe ich dann, wie ausgiebig und mit wie viel Freude sie immer wieder die Wasserrutsche hinabsausen und dabei auch noch ganz viele Fotos schießen…
Inzwischen regnet es nicht mehr, es ist allerdings bedeckt, Wolkenfetzen hängen tief in den nahen Bergen ringsum.
Nach ihrer Pool-Aktion duschen die Kinder abermals eine halbe Ewigkeit, bis es am Ende kein warmes Wasser mehr gibt. Claudia und ich bauen in der Zwischenzeit die Zelte ab, mittlerweile ist sogar fast das ganze Material wieder getrocknet. Um halb vier schließlich beginnen wir die mit 31 Kilometern recht kurze Etappe, die allerdings mit 25hm/km den höchsten hm/km-Index der ganzen Tour aufweist. Zum Vergleich: 12hm/km ist der Mittelwert der ganzen Fahrt in diesem Sommer. 761 Höhenmeter weist das GPS am Ende des Tages aus, wenn wir unser Ziel in der Nähe von Flekkefjord erreicht haben.
Etwa sechs Kilometer haben wir zum Einrollen in der Ebene, dann geht es an den ersten Berg, 175 Meter hinauf. Auf dem Anstieg überholen wir ein reichlich muffeliges, jüngeres Pärchen. Die schaffen es nicht einmal, unseren freundlichen Gruß zu erwidern. Nun ja, vielleicht hatten sie gerade eine radeltechnische Beziehungskrise am Berg - und wenn dann auch noch zwei gutgelaunte Kinder locker flockig vorbeipedalieren… da mag dann die Stimmung schon mal gedämpft sein.
Wir legen oben am Berg eine Stullenpause ein, bevor wir uns bald wieder hinab auf Meeresniveau stürzen. Dort liegt der kleine, beschauliche Ort Feda, der immerhin einen Supermarkt hat. Einkaufen ist angesagt. Wie fast immer, bleibe ich bei den Rädern, während die Mädels die Besorgungen machen.
Die Straße ist kaum befahren, sie schlängelt sich wieder hinauf auf diesmal 235 Meter. Ich freue mich über diese Bedingungen und nehme wahr, dass meine Begeisterung für dieses Norwegen von Tag zu Tag wächst und ich mir sicher bin, dass ich nicht das letzte Mal hier bin, auch wenn der NSCR-Abschnitt in diesem Sommer ja sein Ende finden wird.
Wir erreichen am Abend den relativ großen Campingplatz, bekommen aber als die einzigen Zelter einen ganz wunderbaren Platz zugewiesen: nämlich auf einem schmalen Grasstreifen in unmittelbarer Seenähe. Ein traumhafter Blick eröffnet sich - einzig störend sind zwei Motorboote, die beharrlich ihre Runden ziehen und mit ihrem Motorengeräusch akustische Umweltverschmutzung betreiben…
Es gibt ein deftiges Abendessen: Frikadellen und Bratwürstchen zu Bohnen und Kartoffelpüree.
Erst um Mitternacht kommen wir wieder zu Bett, vorher nutzen wir noch das vorhandene freie WLAN, um mal bei Facebook reinzuschauen und die Mails zu checken. Zu sehen gibt es Bilder von überfluteten Kellern und überschwemmten Kreuzungen in der Kieler Innenstadt und am Klinikum - ein übler Starkregen hat die Stadt heimgesucht.
Nach unserer Heimkehr werden wir erfahren, dass Wasser auch bei uns in den Keller gelaufen ist.
Hier bei uns in Norwegen gibt es in der Nacht zwar üppige Niederschläge, jedoch hält sich die Intensität in Grenzen, wir nehmen keinen Schaden…



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Sonntag, 01.07.2012

Karte Tagesetappe


…und erfreulicherweise ist es dann am Morgen auch wieder trocken - das ist doch genial! Wir können unser Frühstück mit Seeblick auf der kleinen Wiese genießen. Bevor wir in den Tag starten, klettere ich noch mit den Mädels ein wenig auf den nahen Felsen am Wasser herum.
Schon auf den ersten Kilometern wird es rau: der Radweg ist auf steilen Schotterwegen durch den Wald geführt, welche parallel zur Hauptstraße verlaufen. Das ist ziemlich anstrengend.
Am Wegesrand können wir uns immerhin an kleinen Walderdbeeren erfreuen, die Toni entdeckt.
Wir passieren den verschlafenen Ort Flekkefjord; nichts ist los auf den Straßen, was wohl daran liegt, dass heute Sonntag ist… Bevor wir das Städtchen verlassen und uns an den ersten ernsthaften Anstieg machen, pausieren wir Ortsausgang lange an einem Bushäuschen. Ich sorge für Heiterkeit, indem ich unangekündigt von hinten auf das Dach klettere und plötzlich von oben über die Kante schaue - damit hatten die drei Damen nicht wirklich gerechnet… nun wollen natürlich auch die Mädels noch mal hinauf.

Schließlich schrauben wir uns auf der wenig befahrenen Hauptstraße auf 180 Meter hoch. Auf diesem Niveau bleiben wir dann für etwa zehn Kilometer, Felsen umgeben uns, immer mal wieder erscheint ein kleiner See am Wegesrand, sehr schön!
Bevor wir dann an unseren 275m-Rekordberg dürfen, bringt uns der Weg allerdings noch einmal auf das Normal-Null-Niveau, namentlich in den Ort Åna Sira. Nun geht es an den langen Anstieg, den die Kinder nicht nur klaglos, sondern wirklich guter Dinge meistern. Teilweise helfen sie sich gegenseitig, indem sie gemeinsam zunächst das eine, dann das andere Rad ein Stück hinaufschieben, um dann das andere nachzuholen. Toll.
Die Landschaft ist spektakulär schön, je höher wir kommen, desto besser wird die Aussicht. Schließlich erreichen wir die Passhöhe, lassen sogleich unsere Räder am entsprechenden Hinweisschild stehen und klettern die angrenzenden Felsen hinauf. Claudia ist zunächst zögerlich, folgt uns dann aber sehr bald nach und bereut es nicht. Von ganz oben eröffnet sich eine grandiose Aussicht weithin über die Gegend aus der wir kamen und bis zum Meer im Westen. Fantastisch!
Wie wunderbar ist doch dieses Norwegen und wie wunderbar sind diese Kinder, die diese Reise mitmachen und dabei soviel Spaß haben!

Es folgt eine fünf Kilometer lange, rasende Abfahrt zum Jøssingfjord. Ich führe mit den Kindern das Feld an und erreiche als erster eine kleine Ortschaft auf Meeresniveau. Am Straßenrand steht eine junge Frau und winkt uns zu sich heran; sie spricht uns an, sagt, sie hätte uns schon aus dem Auto heraus gesehen und hat nun allerlei Fragen an uns, es wird ein regelrechtes Interview. Sie lässt sich dann noch die Erlaubnis geben, uns zu fotografieren und sagt uns zu, uns die Bilder zu schicken (…was niemals geschehen wird…).

Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen, Jossingfjord

Am Jossingfjord




Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen, Jossingfjord

Am Jossingfjord




Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen, Jossingfjord

Am Jossingfjord


Nur für kurze Zeit haben wir das Meer direkt neben uns, dann beginnt ein weiterer wilder Anstieg auf abermals fast 200 Meter. Wir sehen die berühmten alten Fischerhäuser "Helleren", die sich unter einem Felsvorsprung an die steinerne Wand schmiegen.
Ein landschaftliches Etappenhighlight jagt das nächste, gewaltige Felswände begleiten unseren Weg, Wasserläufe ergießen sich in die Tiefe. Johanna ist absolut begeistert, kriegt sich gar nicht mehr ein… Toni sind die finster anmutenden Wände eher etwas unheimlich und auch ein Tunnel, welcher hoch über uns schon von weither sichtbar ist, bereitet ihr Unbehagen. Sie meint, er sähe so einsturzgefährdet aus.
Oben angelangt pausieren wir kurz, um uns dann in die letzte Abfahrt des Tages zu stürzen - es geht nach Hauge. Ich lasse während der Sturzfahrt die Kamera laufen…
Auf dem beschaulichen, sehr sympathischen Campingplatz treffen wir die beiden Niederländer wieder, die sich hier mal eine kleine Hütte gegönnt haben und kommen abermals ins Gespräch. Wir sprechen über unsere Routenplanung und berichten von unserem Ansinnen, von Stavanger aus für einige Tage den Nordseeküstenradweg zu verlassen, um den legendären Preikestolen zu besuchen. Die beiden zeigen sich von der Idee sehr angetan und beschließen, diesen Plan zu übernehmen. Na, dann werden wir uns da wohl noch einmal wieder sehen!
Beim Abendessen, es gibt Nudeln mit Pesto, werden wir mal wieder aufs übelste von Midges heimgesucht, so dass es nicht wirklich Spaß macht… Und dann fängt es auch noch an zu regnen.



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Montag, 02.07.2012

Karte Tagesetappe


Um viertel vor neun kräht wie verrückt ein Hahn unmittelbar vor unserem Zelt - die Kinder lachen sich tot! Regentropfen sind nicht mehr wahrzunehmen, also: Aufstehen! Ich radele die knapp fünf Kilometer nach Hauge, um noch ein paar Dinge für unser Frühstück zu besorgen. Wir brauchen noch Brot, Milch und Nugatti - die bei den Kindern überaus beliebte norwegische Variante von Nutella.

Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen

Neugierige Besucher während des Frühstücks


Der Morgen ist wunderbar frisch und da das Gras noch nass ist, frühstücken wir in der Apsis. Der Hahn und seine Hühner kommen vorbeigewackelt, picken vorm Zelt irgendwelche Krümel auf, herrlich. Die Niederländer sind inzwischen auch aufgestanden und amüsieren sich ebenfalls köstlich über das Federvieh an unseren Zelten, wir werden sogar fotografiert… Nach dem Frühstück bauen wir die Zelte ab, während sich die Kinder noch eine ganze Weile an einem Gehege vergnügen, in welchem kleine, schwarze Schweine gehalten werden und die wirklich lustig anzusehen sind. Das ist was für die Mädels!
Ich liege die ganze Zeit in der wärmenden Sonne auf einer Holzbank herum und warte, bis wir losfahren können…
Um halb zwei starten wir schließlich in die Etappe - doch besonders weit kommen wir nicht: schon nach zehn Kilometern stehen wir an einer Baustelle mit einer Straßensperre, welche uns an der Weiterfahrt an der offiziellen NSCR-Route hindert. Ich denke sogleich, ach, mit den Rädern ist das kein Problem, man kommt doch so gut wie durch jede Baustelle hindurch. Es stellt sich allerdings heraus, dass die Straße entlang der Küste auf den kommenden etwa zehn Kilometern wirklich gesperrt ist und zwar unter anderem wegen Sprengarbeiten. Es sieht tatsächlich so aus, als müssten wir umdisponieren.
Das sieht dann so aus, dass wir auf einer anderen Strecke zurück nach Hauge fahren, immerhin nur zwei Kilometer. Dort beschließen wir dann, noch einmal einzukaufen, bevor wir dann um 16:00 zum zweiten Mal heute die Etappe beginnen und nun der Straße Nr. 44 in westliche Richtung folgen. Ich bin nicht fit heute, fühle mich etwas schlapp, so dass ich es als relativ anstrengend wahrnehme, die anstehenden 200 Höhenmeter zu erklimmen. Für hiesige Verhältnisse herrscht recht viel Verkehr, was der Etappe insgesamt einen eher durchwachsenen Charakter verleiht - obschon die felsig-karge Landschaft durchaus reizvoll ist. Ab und zu fallen ein paar Regentropfen, nicht schlimm.
Zehn Kilometer vor dem Tageszielort Egersund (der Ort erscheint schmucklos, erinnert mich ein wenig an Kungsbacka in Schweden im Vorjahr) legen wir eine Kuchenpause ein, bevor wir dann um 19:00 wir dann den Campingplatz erreichen.

Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen

Beliebter Pausensnack: Kardamom-Kuchen


Auch dieser ist auf den ersten Blick nicht besonders attraktiv: er liegt direkt an der befahrenen Nr. 44, das Sanitärgebäude muffelt und der Platz, der uns zugewiesen ist, liegt direkt davor. Also jeder, der mal pinkeln will, muss an unserem Lager vorbei. Na ja, die Duschen sind gut und vergleichsweise günstig und es gibt einen netten Aufenthaltsraum, in welchem wir noch eine ganze Weile kniffeln, nachdem wir auf der Wiese vor den Zelten eine Riesenladung mit Hackfleisch und Gemüse gefüllter Wraps vertilgt haben.
Am Nachbartisch unterhalten sich ein Norweger und ein Grönländer über ihre Touren zum Nordkapp, der eine ist mit dem Motorrad unterwegs, der andere per Rad.
Schon um viertel vor elf liegen wir im Bett - so früh waren wir noch nie!



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Dienstag, 03.07.2012

Karte Tagesetappe


Trotzdem schlafen wir bis zehn am Vormittag. Der Regen, welcher aufs Dach prasselt, lässt es auch nicht attraktiv erscheinen, den Schlafsack zu verlassen…
Wir holen die vorbestellten Brötchen an der Rezeption ab und begeben uns zum Frühstück in den Aufenthaltsraum. An der Wand hängt eine Weltkarte, die mich fesselt und immer wieder meinen Blick anzieht. Wie klein ist doch der Abschnitt den wir gerade erradeln im globalen Kontext!
Wir hoffen, dass es aufhört zu regnen, wenn wir nur lange genug kniffeln - klappt! Nach drei Runden sieht es draußen trocken aus und wir radeln los. Wir gehen davon aus, dass heute 64 Kilometer vor uns liegen, also gar nicht so wenig. Denn: wenn es klappt, möchten wir am Donnerstag am Preikestolen sein, denn, das hatte ich schon im vergangenen Jahr recherchiert, immer donnerstags besteht die Möglichkeit, vom dortigen Campingplatz aus einen Helikopterflug zu unternehmen.

Der Nordseeküstenradweg ist heute recht garstig. Die ersten zehn Kilometer führt die Strecke entlang einer alten Bahntrasse durch hügeliges Terrain mit zum Teil wirklich biestigen Rampen, einige sind für die Mädels nur schiebend zu bewältigen. Es ist sehr schön, aber auch recht anstrengend. Immer wieder setzt leichter Regen ein. Die Motivation der Kinder ist eingeschränkt, so dass wir ihrem Wunsch entsprechen, die Etappe eher zu beenden, was heute auch für Claudia kein Problem darstellt. Am nächstbesten Supermarkt wird eingekauft und dann rollen wir gegen sechs am Abend auf den Campingplatz östlich des kleinen Ortes Brusand. Dieser ist nett gelegen unweit eines Dünensaums (!). Auf den grauen Wogen tummeln sich einige Wellenreiter.

Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen

Sehr sympathisch!


Die ärgsten Berge liegen nun hinter uns, die verbleibenden Kilometer werden etwas milder sein; der hm/km-Index des bisherigen Abschnitts liegt bei 14, der der folgenden Strecke bis Bergen bei 10. Ganz platt ist das natürlich immer noch nicht - zum Vergleich: der Index des Vorjahres bezogen auf die Gesamtstrecke NSCR V beträgt 8.
Wir trinken Tee und essen Kuchen im Zelt, spielen eine Partie Kniffel. Nebenan wird ein Zelt aufgebaut - bald stellen wir fest, es sind mal wieder die beiden Niederländer! Inzwischen kennen wir auch deren Namen: es sind Hilly und Jacob aus Alkmaar.

Später unternehmen wir einen kleinen Spaziergang an den Strand. Auch wenn die Kombination aus Sandstrand und Felsen recht schön anzusehen ist, so zieht es mich doch nicht unbedingt ins Wasser, bin ja sowieso eher ein Bademuffel. Ich gebe der warmen Dusche den Vorzug.
Für das Abendessen sind Pfannkuchen geplant. Wir beginnen mit der Vorbereitung vorm Zelt, doch leider zwingt uns einsetzender Regen dann in die Apsis. Ich mag das ja nicht so gerne mit diesem Fettgestank, aber so ist es eben.



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Mittwoch, 04.07.2012

Karte Tagesetappe


Abermals prasselt Regen auf das Dach, abermals schlafen wir lange, immerhin bis zehn. Ich koche Tee und Kaffee am Sanitärgebäude in der Küche, gefrühstückt wird in der Apsis. Es regnet weiter und so probieren wir es mal wieder mit der Kniffel-Taktik. Es regnet weiter. Noch eine Runde Kniffel. Es regnet weiter. Und noch eine. Aha, der Regen lässt nach!

Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen

Frühstücksvorbereitung




Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen

"Kniffel" und "Phase 10" sind seit Jahren die Klassiker auf den Reisen mit den Kindern. Die beiden Verlierer müssen am nächsten Tag den Abwasch erledigen...


Und bis 13:00 hat es schließlich ganz aufgehört. Eine Stunde später kommen wir los, erledigen bald den Einkauf für den Tag und setzten dann die Fahrt fort durch eine Landschaft, die mich heute oft an Abschnitte in Dänemark erinnert. Trocken bleibt es aber doch nicht, ein mehr oder weniger leichter Nieselregen begleitet uns fast den ganzen Tag, dabei ist es recht mild. Die Bauern haben angefangen, das Gras zu mähen, was bei uns Spekulationen nährt, dass möglicherweise ab morgen das Wetter besser werden könnte…
Ich spiele Ewigkeiten mit den Kindern Teekesselchen oder Personenraten, später löst mich Claudia für kurze Zeit ab. Ungefähr bei Kilometer 25 machen wir einen kleinen Abstecher zum Leuchtturm Obrestad fyr - dem hässlichsten Exemplar seiner Gattung, welches uns bislang vor die Objektive gekommen ist. Bauform und seine exponierte Lage sind fein, doch hat irgendein vermeintlicher Künstler das komplette Bauwerk mit Malereien verziert, welche nicht unbedingt meinen Geschmack treffen. Ich finde, das passt einfach nicht.

Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen

Immer weiter geht es nach Norden


Die Mädels vertragen sich heute ganz ausgezeichnet, fahren auf den folgenden Kilometern fast die ganze Zeit weit hinter uns. Das Terrain bleibt weitgehend eben, nur leichte "Bodenwellen" gibt es ab und zu. Kleine Steinmauern prägen die Landschaft, es gibt viele Gewächshäuser und Getreide- und Gemüsefelder. Am Straßenrand finde ich einen Blumenkohl, den ich einsammele, den gibt's dann morgen Abend, freuen sich die Kinder…
Wir kommen gut voran, der Wind hilft, er pustet von hinten und der weiterhin vorhandene Nieselregen stört auch nicht. Gerne entsprechen wir dem Wunsch der Kinder, noch einen Campingplatz weiter als eigentlich geplant zu fahren. Ist doch schön, wird die Etappe zum Preikestolen morgen etwas kürzer ausfallen.
Am Abend ist es weiterhin mild, wir können noch lange im T-Shirt draußen auf der kleinen Veranda vor der Küchenhütte des Campingplatzes sitzen und kniffeln, nachdem wir Reis, Fleisch, Cashewnüsse und Soße aßen.
Die Kinder freuen sich über die nette Katze, "the local cat", die hier umherstreift und ziemlich zutraulich ist…



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Donnerstag, 05.07.2012

Karte Tagesetappe


Nun soll es also tatsächlich klappen, dass wir am Donnerstag den Campingplatz am Preikestolen erreichen werden! Um rechtzeitig dort einzutreffen, lassen wir uns heute mal vom Wecker wecken - der holt uns um 07:30 aus dem Schlaf. Die Sonne scheint, es wird ein herrlicher Tag werden!
Also, raus aus den Federn, Tee kochen und ab zum Frühstück auf der kleinen Veranda. Die gefällt mir sehr gut, hätte ich auch gerne… "The local cat" ist auch wieder da und lässt sich mit den Kindern fotografieren. Um zehn rollen wir vom Platz, Ziel ist zunächst die große Öl-Stadt Stavanger, mit knapp 130.000 Einwohnern die viertgrößte Siedlung Norwegens.
Nach wenigen Kilometern führt uns der Weg entlang einer befahrenen Straße ans Meer; linker Hand lädt ein kleiner Strand zum Bad ein, rechts erstreckt sich weithin der Flughafen von Stavanger. Eng getaktet schweben hier die Hubschrauber ein und aus, Mannschaftswechsel auf den Ölplattformen draußen auf der Nordsee. Wir legen eine frühe Pause ein, um dem Wunsch der Kinder zu entsprechen, einmal ins Meer zu hüpfen. Ich springe tatsächlich auch mal kurz rein.
Noch ein Gruppenfoto, dann geht es ab in die Stadt. Einen GPS-Track zum Fähranleger hatte ich schon daheim gebastelt und auf das Gerät geladen, so dass die Navigation kein Problem darstellt. Die Stadt ist laut und ich habe den Eindruck, dass man die schneefreien Sommermonate nutzt, in diesem Jahr das komplette Stavanger frisch zu asphaltieren - die Stadt scheint eine einzige Baustelle zu sein, überall stinkt es ausgesprochen unangenehm nach dem noch dampfenden Straßenbelag.
Wie gesagt, der Fährhafen ist schnell gefunden, zufällig liegt auch gerade ein Schiff da, wir können sofort hinaufrollen. Wenig später legt der Kahn ab und wir genießen die sommerliche Bootsfahrt (…fast ein bisschen, wie in der griechischen Inselwelt…) zum weiter östlich gelegenen Ort Tau, was etwa 45 Minuten in Anspruch nimmt.
Wir statten uns mit Vorräten und Geld aus, stärken uns auf dem Parkplatz vor dem Supermarkt mit einem Becher Jogurt und machen uns dann auf den etwa 15 Kilometer langen, oft radwegfreien Weg in Richtung Zielort Preikestolen-Campingplatz. Die Küstenstraße ist erwartungsgemäß relativ stark befahren, in flotter Viererformation arbeiten wir den Abschnitt ab. Das letzte kleine Teilstück können wir dann die Hauptstraße verlassen, dafür müssen wir uns nun noch mal ein paar Höhenmeter erarbeiten, denn der Campingplatz liegt auf etwa 100 Metern. Die Sonne ist sehr warm, was den Kindern am Berg zusetzt - Johanna sagt, sie hätte es doch lieber "etwas abgefrischt". Mit etwas Anschieben und Geduld ist aber auch dieser kleine Anstieg bald gemeistert und schon im Eingangsbereich begegnen uns Hilly und Jacob, die auch gerade eingetroffen sind! Wie nett.
Schon beim Anmelden an der Rezeption erkundigt sich Claudia nach den Heli-Rundflügen. Der Preis würde mit gut 50 Euro pro Person okay sein, nur steht leider noch gar nicht fest, ob sich überhaupt genügend Interessenten auf der Flugliste eintragen werden. Wenn bis 17:00 nicht mindestens 12 Gäste zusammenkommen, lohnt es sich für den Piloten nicht, hier herzufliegen. Also: zunächst einmal banges Warten.
Wir stellen die Zelte auf, dann unternimmt Claudia eine Werbetour über den ganzen Campingplatz, fast alle deutschen, österreichischen und niederländischen Touristen klappert sie ab. Hilly und Jacob sind schnell für das Vorhaben zu gewinnen, weitere Gäste wollen immerhin mal drüber nachdenken…
Am Ende sieht es gut aus, die Passagierliste ist lang genug und wir erwarten mit Spannung und Freude das Eintreffen des Hubschraubers. Dieser kündigt sich dann natürlich lautstark an und landet auf einem kleinen Hügel unweit der Rezeptionsgebäude. Wir haben uns mit Hilly und Jacob zusammengeschlossen, da es als "Mini-Gruppe" noch mal etwas günstiger ist, das Ticket zu erwerben. Drei Gäste passen in den kleinen Helikopter, ein Platz ist neben dem Piloten zu vergeben, zwei weitere in zweiter Reihe.

Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen, Preikestolen

Ein absolutes Highlight in diesem Sommer: ein Rundflug im Helikopter. Ziel: Lysefjord und der Preikestolen




Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen, Preikestolen

Im unteren rechten Viertel gut auszumachen: das kleine Preikestolen-Plateau.


Der knapp zehnminütige Flug ist absolut surreal - und natürlich viel, viel zu kurz. Ich könnte stundenlang so über diese wundervolle Landschaft knattern. In kürzester Zeit erreichen wir den Lysefjord und haben dann zunächst Schwierigkeiten, den Preikestolen als Preikestolen zu identifizieren in dieser wilden Berglandschaft. Alle haben wir ihn uns größer vorgestellt. Der Pilot dreht ein paar Runden, überfliegt das legendäre Felsplateau einige Male und dann geht es auch schon wieder zurück. Dabei sausen wir - ebenfalls ausgesprochen beeindruckend - durch eine schmale Schlucht hindurch, dicht unter uns die Baumwipfel.
Toll auch, mal die Zelte aus der Vogelperspektive zu sehen - wer ist denn auch schon mal mit dem Heli über sein Zelt geflogen!
Wunderbar, dieses Erlebnis. Ich bin immer noch ganz begeistert. Und welch glückliche Umstände hier zusammenkamen; wir kommen Donnerstag an, es finden sich genug Interessenten und, ganz wesentlich: das Wetter spielt mit! Großartige Sicht ist uns gegönnt…

Später am Abend beim Essen machen uns mal wieder die Midges das Leben zur Hölle, Mistviecher! Wir nutzen auf der Terrasse an der Rezeption noch für ein halbes Stündchen das offene WLAN, dann geht es relativ zeitig zu Bett, denn morgen wollen wir früh aufstehen: wir planen die Wanderung zum Preikestolen.



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Freitag, 06.07.2012


In der Nacht ist der Himmel sternenklar und der Vollmond steht am Firmament. Um halb sechs klingelt der Wecker - raus aus den Federn! Schnell noch ein paar Brote geschmiert und dann geht es los. Um 06:15 sitzen wir auf den Rädern und machen uns auf den Weg. Hilly und Jacob sind auch schon in Gange…
Noch ist es still, kaum ein Auto überholt uns, als wir die kleine Straße hinauf fahren. Es handelt sich hierbei um eine Sackgasse, welche an einem großen Parkplatz endet, von wo aus der gemeine Tourist seine Wanderung hinauf zum Preikestolen beginnen kann. Als Radler brauchen wir nicht ganz bis zu dem Parkplatz fahren, dieser liegt nämlich noch einige hundert Meter weiter in einer Senke.
Wir schrauben uns also vom 100hm-Niveau des Campingplatzes auf 330 Höhenmeter hinauf, unterwegs werden wir von Scharen von Fliegen belästigt, denen wir leider auch nicht davonfahren können… Sie umschwirren den Kopf und sind eine echte Plage, Johanna ist besonders genervt!
Wir stellen dann unsere Räder ab am höchsten Punkt der Straße ab und folgen einem kleinen, ausgetrampelten Pfad in den Wald hinein. Es ist erst sieben Uhr und wir begegnen zu dieser Stunde kaum anderen Wanderern, ein wunderschöner Morgen. Holprig geht es über Stock und Stein, bald treten wir aus dem Wald hinaus und das Blickfeld weitet sich, in der Ferne ist deutlich Stavanger auszumachen. Wir freuen uns, welch ein Glück wir mit dem Wetter haben, die Sonne scheint, die Sicht ist gut - besser geht's nicht! Ich erinnere mich an die Fotos meiner Eltern, die vor etwa zehn Jahren diesen Aufstieg unternommen haben; sie waren dereinst in grauem Nieselwetter unterwegs.
Spätestens, als wir in einem recht steilen Geröllfeld ungefähr einhundert Höhenmeter erkraxeln wird klar, dass die Ein-Liter-Sigg-Flasche mit Wasser, welche ich mitführe nicht ausreicht, denn wir kommen ganz schön ins Schwitzen. Die Kinder trinken dann die ganze Zeit das Wasser aus kleinen Bachläufen. Ich bin ein wenig skeptisch, ob das wirklich so eine gute Idee ist und sehe selber davon ab. Es wird sich aber erfreulicherweise zeigen, dass es ihnen nicht schaden wird.

Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen, Preikestolen

Am nächsten Tag stehen wir sehr früh auf, radeln vom Campingplatz hinauf zum Beginn des Wanderpfades und machen uns auf den eineinhalbstündigen Aufstieg zum Preikestolen




Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen, Aufstieg zum Preikestolen

Zu dieser Stunde haben wir den Wanderweg für uns alleine und auch das Wetter spielt bestens mit.




Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen, Aufstieg zum Preikestolen

Sumpfwiesen am Wegesrand




Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen, Aufstieg zum Preikestolen

Die Kinder genießen dieses kleine Abenteuer..


Die Landschaft ist wahrlich spektakulär; wir erreichen eine kleine Hochebene mit wenig Vegetation und kleinen Seen und schließlich den ausgesetzten Weg, welcher uns zu dem legendären Plateau führt. Ein, zwei Stellen gibt es, an denen ich mit meiner Höhenangst kämpfen muss, sie aber überwinde - zu groß ist der Antrieb, das Ziel zu erreichen. Nach eineinhalb Stunden, also um 08:30 ist das der Fall.
Lange dauert es nicht, dann treffen auch die beiden Niederländer ein, noch sind nur wenige Menschen dort oben, was mich bestätigt, den Aufstieg so früh unternommen zu haben. Wir genießen dann erst einmal unser Frühstück und ich muss sagen, ich habe jetzt auch ordentlich Kohldampf, hatte bislang noch gar nichts zu mir genommen an diesem Morgen.
Wir halten uns drei Stunden auf, klettern auf den Felsen oberhalb des eigentlichen Plateaus herum, wagen uns vorsichtig an die steil abfallende Kante, genießen den Blick über 600 Meter in die Tiefe - und staunen immer wieder, wie unbekümmert und angstfrei sich so manch anderer Tourist an den Abgrund wagt oder sich mit hinunterbaumelnden Beinen an die Kante setzt… Ich freue mich, dass Johanna und Antonia beide auch total begeistert sind von diesem Flecken und die Wanderung hier hoch wirklich mit Freude unternehmen.
Eine ganze Weile sitzen wir mit Hilly und Jacob zusammen und plaudern.

Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen, Lysefjord

Irgendwann ist der Blick frei auf den Lysefjord




Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen, Preikestolen

Familienfoto (nicht gephotoshopt)




Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen, Preikestolen

Nicht nur die Kinder haben große Freude an diesem spektakulär schönen Ort, auch ich bin ganz begeistert. Wir genießen dann ein Frühstück, sind ja mit leerem Magen losgewandert, und verweilen einige Stunden oben.


Mit der Zeit füllt sich das Preikestolen-Plateau und wir beschließen, uns an den Abstieg zu machen. Es ist bemerkenswert, was für eine Menschenmasse uns nun entgegenkommt! Eine nicht enden wollende Schlange windet sich über die Felsbrocken - unglaublich, wenn auch nicht ganz unerwartet… Und bei so manchem denkt man, er oder sie hat sich mit der kleinen Wanderung vielleicht ein bisschen viel zugemutet, von Ausrüstungsdefiziten mal ganz zu schweigen.

Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen, Preikestolen

...und als wir absteigen, zeigt sich, dass es eine seeehr gute Idee war, früh aufzustehen: ganze Busladungen von Touristen der Kreuzfahrtschiffe, die vor Stavanger liegen, werden an den Berg gekarrt und schieben sich als endloser Wurm den Pfad hinauf. Gruselig.


Mich erinnert das ein wenig an Skagen und einmal mehr bin ich froh, dass wir das Erlebnis hatten, in der Frühe den Berg heute wenigstens etwas einsam erlebt zu haben.
Während Claudia und Johanna sich dann schon auf die "Heimfahrt" begeben, schaue ich mit Toni noch mal in den Touristengeschäften am Parkplatz vorbei, um herauszufinden, ob es dort eine bestimmte Tasche gibt, die sie gerne hätte. Es geht um ein bestimmtes Exemplar mit Norwegen-Aufschrift, welche sie gestern bereits am Campingplatz gesehen hat - und die dann, als sie sich später für den Erwerb entschieden hat, leider ausverkauft war. Wir haben aber leider kein Glück, auch hier gibt es die Tasche nicht. Erst am Urlaubsende in Bergen wird sie das begehrte Stück dann doch noch kaufen können.
Um 14:00 sind wir dann alle wieder am Zelt, ich koche Tee, esse eine Fischkonserve, die ich noch in der Packtasche entdecke, Claudia erledigt eine Waschmaschine, ich kümmere mich um die Fahrräder. Wir quatschen ein wenig mit Jacob und Hilly, während die Mädels einträchtig in der Apsis sitzen und 15 (!) Spalten Kniffel spielen.
Die Sonne scheint und ein leichter Wind weht - genug, um die Midges zu vertreiben, hurra! Zum Abendessen werden Nudeln gekocht, Wolken ziehen auf und in der Nacht fällt Regen. Kurzum, wir haben uns mit den vergangenen 36 Stunden das optimale Zeitfenster ausgesucht, um den Preikestolen aus der Luft und auf dem Landweg zu erkunden! Ein Erlebnis, an welches, so glaube ich, ein jeder von uns noch lange zurückdenken wird.



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Samstag, 07.07.2012

Karte Tagesetappe


Schon um halb sieben bin ich wach, kann nicht mehr gut schlafen, zu viele Geräusche ringsum hindern mich daran. Dennoch stehen wir erst um 09:15 auf. Es regnet nicht mehr, doch in den nahen Bergen hängen die Wolkenfetzen, im Vergleich zum Vortag sieht alles ein wenig trostlos aus.
Wir holen die Zelte trocken ein, nehmen Abschied von diesem freundlichen Campingplatz und begeben uns auf die Fahrt zurück zu unserem Nordseeküstenradweg. Auch wenn alles etwas trübe aussieht, nun wieder ein leichter Nieselregen fällt und die Strecke entlang der befahrenen Straße in Richtung Tau alles andere als idyllisch ist, so erlebe ich einen Anflug von Euphorie und pulsierender Lebensfreude, nun, da ich nach dem Ruhetag wieder im Sattel sitze. Ich genieße das Radeln so sehr! Es ist mild und in mir flutet schon jetzt eine starke Vorfreude auf Schottland im kommenden Jahr an. Das hatte ich, wie bereits schon einmal angedeutet wurde, im letzten Jahr in der Form nicht; vielmehr stand da ja eine gewisse Skepsis im Raum, was das NSCR-Projekt insgesamt betraf. Nun, da wir hier nun in unserer Viererformation dahinrollen, bin ich mir fast sicher, dass wir es schaffen werden, in drei Jahren den Kreis zu schließen und in Rotterdam Pfannkuchen essen werden…
Wenn ich bisher auf die vorangegangenen Etappen und Jahre zurückgeblickt habe, so war es stets das idyllische Dänemark und im Besonderen das Jahr 2009, welches mir als ungewöhnlich schön in Erinnerung ist. Schon jetzt kann ich sagen, dass dieses Norwegen 2012 sich ebenfalls ganz weit oben im "Erinnerungsranking" einreihen wird.

Flott haben wir den Hafen in Tau erreicht. Während wir auf die Fähre warten, gleiche ich mit Johanna meine Tagebuchnotizen ab, sie ist mit den ihren ein wenig in den Rückstand geraten und ich kann ihr hier und da ein wenig helfen. Lange dauert es erwartungsgemäß nicht, bis das Schiff kommt. Ich sitze während der ganzen Zeit der Überfahrt an Deck und schreibe Postkarten und schon bald erreichen wir Stavanger.
Die Stadt mutet hässlich an, aber dennoch mag ich diesen schroffen Seefahrercharakter; im Hafen liegen viele große Schiffe, vor allem die "Platform-Supplier", hochseetaugliche Pötte, welche die norwegischen Bohrinseln weit draußen auf der Nordsee versorgen. Ihre Gestalt lässt schon erahnen, wie gut sie auch der ungestümtesten See trotzen können. Dieses Verwegene mochte ich einst in Island schon immer gerne.
Noch während wir durch die Stadt rollen, setzt kräftiger Niederschlag ein, welcher uns in die Regensachen zwingt.

Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen

Wir setzen unsere Fahrt nach Norden fort...


Kurz vor dem Hafen von Mekjarvik erreichen wir dann wieder den Nordseeküstenradweg, haben nun durch den Schlenker nach Osten einige der "offiziellen" Kilometer nicht befahren, aber das ist unter den gegebenen Umständen okay. Inzwischen ist es wieder trocken und weiterhin recht warm. Es überrascht uns nicht, dass wir die beiden Niederländer wiedertreffen; gemeinsam verbringen wir die Wartezeit auf die Fähre, welche uns nach Skudeneshavn bringen wird. Ich trinke noch eine Tasse Tee, bevor um 16:45 die Überfahrt beginnt. Knapp eineinhalb Stunden sind wir unterwegs, machen auf halber Strecke kurz Halt auf der Insel Kvitsøy. Es ist kühl und windig an Deck, was mich nicht davon abhält, fast die ganze Zeit draußen zu stehen und mir die frische Luft um die Nase wehen zu lassen. Ich friere, aber ich genieße die Aussicht, entdecke eine Robbe im Meer und auch eine kleine Felskuppe, auf der sich Robben tummeln.
Skudeneshavn auf der Insel Karmøy ist ein kleiner Ort mit weiß getünchten Holzhäusern - nachdem wir doch eben noch durch das quirlige, große, schroffe Stavanger radelten ein unglaublicher Kontrast.
Ich fühle mich sehr an die Radfahrt auf den Hebriden erinnert, durch sanfte, hügelige Landschaft windet sich die wenig befahrene Straße, versprengt in der Umgebung finden sich ein paar Häuser und Gehöfte. Fast immer ist zu unserer Linken das Meer zu sehen, es riecht oft "syltig" nach Heidekraut, kurzum, es ist wunderschön zu radeln, der Nieselregen stört niemanden von uns.
Sandhåland ist unser Ziel, dort checken wir auf einem kleinen, ausgesprochen nett gelegenen Campingplatz ein. Johanna und Claudia laden nur kurz ihr Gepäck ab, um dann schnell wieder loszuradeln, um es noch vor 20:00 in den nächsten Ort zum Einkaufen in den Kiwi-Supermarkt zu schaffen. Toni und ich nutzen die Zeit, um unsere Zelte aufzubauen; Toni kümmert sich um das Kinderzelt, ich stelle das Wechsel auf, ab und zu helfen wir uns gegenseitig. Als die Einkauf-Mannschaft wiederkommt, ist so gut wie alles fertig.
Die Kinder bekommen Milchreis und haben Spaß daran, sich mit ihrer Portion weitab auf den Felsen am Meer hinzusetzen und dort das Abendessen zu genießen. Für Claudia und mich gibt es Thunfisch und Lauch.
Bedarf es noch der Erwähnung, dass einige Meter neben uns Hilly und Jacob lagern?! Wir freuen uns über dieses lockere gemeinsame Reisen, gelingt es doch durchweg, das richtige Verhältnis von Nähe und Distanz zu wahren… Sehr angenehme Gesellschaft!



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Sonntag, 08.07.2012

Karte Tagesetappe


Ach wie herrlich, ich könnte ewig so weitermachen! Um neun Uhr stehen wir auf, die Sonne scheint und der Blick schweift über die Felsen und diese schöne Bucht. Dieses einfache, reduzierte Leben ist so wunderbar, oft empfinde ich ein intensives "Zuhausegefühl" im Zelt und im Schlafsack.
Wir suchen uns für das Frühstück einen netten Fleck in den Felsen, wo wir an einem Tisch Platz nehmen. Von hier aus versuchen wir, eine MMS mit Bild und gesprochenem Geburtstagsgruß zu Muttern zu senden, was leider scheitert, aber immerhin gelingt es, sie anlässlich ihres siebzigsten Geburtstages telefonisch zu erreichen.
Bevor wir unsere Reise fortsetzen, ziehe ich mich noch ein halbes Stündchen mit Johanna zurück, hatte ihr abermals versprochen, ihr beim Vervollständigen ihrer Reisenotizen behilflich zu sein.
Um halb eins schließlich rollen wir vom Campingplatz, fünfzig Kilometer liegen heute vor uns, Ziel ist der etwas größere Ort Haugesund.
Wie schon gestern, empfinde ich auch heute wieder enthusiastische Gefühle beim Radeln, ich genieße im Moment sehr diese Reise. Die Gegend ist weiterhin sehr ländlich und dennoch scheinen die Menschen hier überaus wohlhabend zu sein, die Häuser sind oft groß und auffällig gut in Schuss.
Wir legen mehrere Pausen ein, mal für ein Picknick an einem kleinen See mit vielen Seerosen, mal auf eine Erfrischung an einem größeren See mit Badesteg und Badeinsel. Das Vergnügen der Kinder bei jener Erfrischung wird dann etwas gedämpft, als, während sie draußen auf der Insel rumspielen, ein junges Pärchen mit einem fiesen Kampfhund eintrifft, der wild an der Uferzone herumspielt und den Mädels Angst macht…
Blödes Viech.
Nachdem dieser Schreck verflogen ist, wird die Fahrt fortgesetzt bei sommerlichen Verhältnissen. Die Sonne scheint, es ist warm, aber auch nicht zu heiß, genau richtig. Um Haugesund zu erreichen, müssen wir noch über die große Brücke, welche den Karmsundet überspannt. Irgendwie sind wir aus Versehen auf der falschen Fahrbahnseite gelandet, der Radweg ist schmal und viel Autoverkehr kommt uns entgegen, so dass wir ein ganzes Stück schieben. Was wir heute noch nicht wissen: am Ende der Reise, wenn uns die Fähre von Bergen nach Hirtshals bringen wird, werden wir mit dem Schiff auch unter dieser Brücke hindurch fahren.

Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen, Haugesund

Ruhige Nebenstrecke südlich von Haugesund




Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen, Haugesund

North Sea Cycle Route


Nun erreichen wir am späten Nachmittag also die Vororte von Haugesund. Uns ist bekannt, dass hier heute ein Ironman stattfinden sollte, mir war allerdings nicht klar, dass es sich ausschließlich um einen 70.3er, also die Halbdistanz (2000m / 90km / 21km) handeln würde. Ich nahm an, es würde parallel eine Langdistanz ausgetragen und so hatte ich die Hoffnung, noch etwas von Event in der Stadt mitzubekommen. Dies ist dann aber nicht der Fall. Außer ein paar Flatterbändern, welche die Laufstrecke begrenzten, deutet nichts mehr darauf hin. Schade.
Der Campingplatz ist leicht gefunden, wie erwartet, treffen wir Hilly und Jacob wieder. Ich bringe die Idee ins Spiel, am morgigen Abend gemeinsam zu grillen, wissen wir doch, dass ich dann unsere Wege nach nunmehr zwei Wochen trennen werden. Während wir ja weiter dem Küstenverlauf nach Norden folgen werden, planen die beiden, ostwärts ins Landesinnere zu reisen, um dann irgendwann wieder Kristiansand zu erreichen, von wo aus sie ihre Heimreise antreten werden.
Als ich am Abend mit Claudia und den Kindern noch einen kleinen Spaziergang in die angrenzenden Hügel und Felsen an der Küste unternehme und auf die nahen Hafenanlagen und die Meeresbucht blicke, entdecke ich auf einmal eine waltypische Flosse, die aus dem Wasser lugt und dann wieder verschwindet. Claudia erklärt mich zunächst für verrückt. Mir ist ja auch klar, dass es nicht unbedingt wahrscheinlich ist, einen Wal im Hafenbecken zu sehen und ich zweifele durchaus an meiner Sinneswahrnehmung… bis dann die Flosse abermals auftaucht und auch von Claudia und den Kindern gesehen wird. Die Mädels flitzen los, um den Niederländern bescheid zu sagen. Die kommen ebenfalls und freuen sich, dass sie das Tier auch noch erblicken können.
Der Abend klingt wie gewohnt im Zelt beim Spielen aus, vorher ergibt es sich noch, dass ich den Kindern eine kleine Unterrichtstunde zum Thema "Wie und warum fliegen Flugzeuge" gebe…



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Montag, 09.07.2012

Karte Tagesetappe


Der Morgen ist warm und dunstig. Vorm Frühstück macht sich Claudia auf den Weg zum nahen Supermarkt, um noch Milch zu kaufen und für die Kinder einen neuen Topf Nugatti.
Die ersten zehn Kilometer ab Haugesund geht es entlang der Hauptstraße, bis wir irgendwann links abbiegen. Wir erblicken heute nun die ersten Schilder, die in Richtung Bergen weisen - Zeichen des langsam herannahenden Endes dieses Urlaubs.
Es folgt eine extrem schöne Strecke, weiterhin recht wellig mit unübersichtlichen Kurven und nicht soo wenig Autoverkehr, so dass ich sie teilweise für recht gefährlich halte. Ich radele die ganze Zeit mit Toni, wir sprechen über verschiedene geschichtliche Themen, so zum Beispiel über den Zweiten Weltkrieg, die deutsche Teilung, die Wiedervereinigung, den Kommunismus und so weiter. Dabei kann ich einiges aus der eigenen Erfahrung beisteuern, aber auch vieles berichten, was ich von den Eltern und Großeltern erfahren habe. Toni zeigt sich ausgesprochen interessiert, es ist eine kurzweilige Fahrt und schwups, sind wir am Ziel angelangt!

Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen, Velotraum

Mein schwer beladenes Velotraum-Rad




Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen

Unterwegs in Norwegen


Dies ist der kleine Campingplatz im Örtchen Finås, wo wir sofort auf Hilly und Jacob treffen, die auch gerade erst angekommen sind und mit denen wir uns ja verabredet hatten, um heute den Abend zum Grillen zu nutzen.
Hilly hat Kuchen gekauft und lädt uns auf ein Stück ein, wir steuern den Kaffee dazu bei (…die Vorräte waren gerade aufgebraucht, Claudia düst schnell noch mal zum nahen Supermarkt und kauft welchen…).
Zur Freude der Kinder kommt eine hübsche Katze vorbei und gesellt sich zu uns, lässt sich sogar streicheln.
Nach dieser gemeinsamen Kaffeestunde gehe ich mit Toni an den kleinen Strand am Hafen und springe einmal kurz mit ihr ins Meer - der Grund ist steinig, das Wasser ist kühl und vereinzelt sichten wir Quallen. Anschließend eine Dusche und dann bereiten wir den Abend vor. Claudia geht mit Jacob und Hilly einkaufen, ich bereite schon mal den Grill vor.

Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen

Grillabend


Es folgt ein wunderbarer Abend in der netten Gesellschaft der beiden. Wir plaudern und lernen einander besser kennen, erfahren von Kletterurlauben in Frankreich und davon, dass Hillys 34-jährige Tochter gerade Mutter und sie damit Oma wurde. Tauchurlaube haben sie auch schon gemacht. Wir können natürlich auch so manche Geschichte aus dem Themenfeld Reisen beisteuern. Es wird gesungen und geblödelt und gelacht - ich freue mich, mal wieder Menschen begegnet zu sein, mit denen man auf so unkomplizierte Weise eine gute Zeit verleben kann, mit deren Art des Reisens so manche Parallele zu erkennen ist. Es ist eine sehr harmonische Stimmung. Auch die Art, wie sie unseren Kindern begegnen, nämlich auf Augenhöhe und nicht von oben herab, gefällt mir sehr gut. Ich muss an Elisabeth und Benedikt vor einigen Jahren denken. Das waren auch jeweils auf ihre Art besondere Menschen, die Teil einer Reiseerinnerung wurden. So wird der Abschnitt NSCR 2012 in Norwegen immer mit Hilly und Jacob in Erinnerung bleiben.

Ach ja, und auch wenn ich mich wiederhole: ich genieße diese Tour, freue mich an der Begeisterungsfähigkeit der Kinder, freue mich auf NSCR VII… genieße dieses Leben, dieses "wonderful life outdoors"!
Später spreche ich mit Claudia noch über die Entwicklung, welche die Kinder in den Jahren, die wir nun um die Nordsee reisen, vollzogen haben. Wir freuen uns über deren Selbstständigkeit, erinnern uns dann an den Abend auf Texel, als wir sie das erste Mal für eine Stunde alleine auf dem Campingplatz ließen, um einen kleinen Ausflug zum Leuchtturm zu unternehmen. Das war damals ein sensationeller (Rück-) Gewinn an Freiheit! Und nun sind sie schon so groß, sprechen wie selbstverständlich englisch, wenn es die Situation ergibt… und befinden sich oftmals im Zustand akuter Pubertätslabilität - ein falsches Wort und die Stimmung kann kippen, was mal amüsant, aber auch mal anstrengend sein kann.

Später am Abend bekommen die Niederländer noch zwei Makrelen am Hafen geschenkt. Diese werden in Alufolie eingewickelt und über Nacht auf die restliche Glut gelegt, um zu garen.
Einen etwas faden Beigeschmack hinterlässt zu späterer Stunde eine Gruppe furchtbar betrunkener, übel grölender Norweger - vom akustischen Eindruck hätte man sie für Halbstarke gehalten, aber nein, es sind ältere Erwachsene. Grauenhaft.



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Dienstag, 10.07.2012

Karte Tagesetappe


Um viertel vor neun stehen wir auf und frühstücken gemeinsam mit den Niederländern. Jacob holt den Fisch aus der Folie, der tatsächlich gar geworden ist über Nacht!
Bevor die beiden dann gegen elf Uhr aufbrechen, werden noch Adressen getauscht und ich kann mir in diesem Fall wirklich vorstellen, dass wir die beiden noch einmal wieder sehen, vielleicht, wenn wir in drei Jahren wieder in die Niederlande kommen? Das wäre doch ein schönes Ziel!

Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen

Niedlicher Besuch am Zelt


Wir kommen wie üblich erst wesentlich später los, sind um halb eins auf der Piste. Es ist ein grauer Tag, dabei aber trocken und weiterhin recht warm. Nur knapp dreißig Kilometer wollen wir heute fahren, der Hafenort Leirvik ist das Ziel.
Das Terrain ist wellig, wir haben einige große Brücken zu überqueren - den Kindern gefällt das, sie machen viele Fotos. Teilweise herrscht sehr viel lärmender Verkehr, was die Freude beim Fahren etwas schmälert.
In Leirvik angekommen entdecken wir abseits der Hauptstraße in einem Wäldchen eine alte Wassermühle mit einem Holzhaus, welches ich mit den Kindern erkunde, bevor wir das letzte kurze Stück bis zum Campingplatz durch den schmucklosen, wenig einladenden Ort rollen. Schnell stehen die Zelte und wir futtern dann erst einmal Kuchen und trinken Tee. Am Abend gibt es für die Kinder Pfannkuchen und für die Eltern Reis. Das hat aber scheinbar alles nicht wirklich gereicht, denn als wir später im Zelt fünf Spalten Kniffel spielen, vertilgen wir dabei binnen weniger Minuten eine riesige 400g-Tüte Kartoffelchips…

Am Rande erwähnt sei, dass ich mich immer mal wieder freue zwischendurch, dass es ein paar Dinge gibt, die mich schon sehr, sehr lange auf meinen Reisen begleiten: das Kochset, welches ich einst von Ingrid und Ulrike geschenkt bekam, der Thermobecher, welcher schon das isländische Hochland sah und - noch weiter zurück: die Aluminiumdosen, welche bereits in Griechenland und in den USA dabei waren… Was so etwas angeht, habe ich ja einen gewissen Hang zur Sentimentalität…



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Mittwoch, 11.07.2012


Das gemeinsame Frühstück können wir draußen am Tisch noch einnehmen, dann setzt Regen ein und wir verkriechen uns in die Zelte. Johanna und Antonia machen sich dann auf den Weg in die Stadt, sie möchten "shoppen" gehen - bei der gestrigen Einfahrt nach Leirvik fiel ein großes, na ja, eher mittelgroßes Einkaufszentrum auf, dieses wollen sie mal durchforschen. Mädchen eben.
Für zwölf Uhr verabreden wir uns mit ihnen und folgen entsprechend nach, es sind nur etwa zwei Kilometer. Als wir vor der Mall unsere Räder anschließen, spricht uns ein älterer Norweger auf Deutsch an - er ist Deutschlehrer und auch fahrrad- und radreisebegeistert, wie sich in der Unterhaltung herausstellt. Eine längere Konversation können wir leider nicht zulassen, da im Gebäude bei H&M unsere Mädels auf uns warten…
Diese treffen wir dann auch wie erwartet. Meine Freude am Flanieren in Einkaufszentren tendiert gegen Null und so ziehe ich mich umgehend zurück, mache mich allein auf die Suche nach Postkarten, was in diesem trostlosen Kaff gar nicht so einfach ist. Nicht das erste Mal stelle ich fest: Landschaft können sie ja, die Norweger, Postkarten aber nicht… In strömendem Regen gehe ich auch durch die kleine Einkaufstraße, welche mit ihren schmucklosen Fassaden und den etwas heruntergekommenen Geschäften den Eindruck macht, ein ökonomisches Opfer der Mall geworden zu sein.
Irgendwo lade ich mir noch eine Packung Orangenkekse ein und radele dann zum Zelt zurück, wo ich es mir dann mit einer Kanne Tee gemütlich mache und mich meiner Korrespondenz widme. Solche kleinen Ruhephasen mit mir alleine schätze ich ja durchaus sehr.
Erfreulicherweise hört irgendwann der Regen auf und dann kommen auch schon die Damen wieder. Sie haben eine Ladung Obst und Cornflakes im Gepäck und so legen wir dann eine gemeinsame Mahlzeit in der Apsis ein.
Später schreibe ich meine Postkarten fertig, kann dabei sogar wieder draußen sitzen, und gehe dann zum Muschelnsammeln mit Toni an die Felsenküste. Später stoßen Claudia und Johanna dazu.

Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen, Leirvik

In Leirvik


Während das Wetter im Verlauf noch richtig schön wird, vertrödeln wir den ganzen Nachmittag oder kniffeln gemeinsam.
Am Abend fällt uns auf, dass noch Milch und Margarine fehlen, also sause ich noch mal kurz nach Leirvik in den Supermarkt. Abendessen: Nudeln mit Speck.
In der Nacht wird auf dem Campingplatz furchtbar gesoffen, herumgelärmt und unangenehm besoffen gegrölt - so was regt mich ja tierisch auf. Und das umso mehr, wenn ich feststellen muss, dass die Unruhe vom Campingplatzbetreiber selber und seinen Leuten ausgeht. Kann man sich also noch nicht einmal beschweren. Nun denn, auch diese Nacht geht vorbei und so wird Leirvik insgesamt einen eher durchwachsenen Eindruck bei mir hinterlassen…



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Donnerstag, 12.07.2012

Karte Tagesetappe


Der Morgen ist trocken und sonnig, ohne Wehmut verlassen wir diesen Flecken, rollen westwärts hinaus in den Tag. Etwa sechshundert Höhenmeter liegen auf den kommenden 50 Kilometern vor uns, es wird also noch mal ein bisschen wellig, bevor wir bald Bergen erreichen.
Die Straße ist relativ stark befahren, aber immerhin finden wir öfters einen separaten Radweg vor. Ich spiele mal wieder ewig lange "Wörterreihen bilden" mit den Kindern, irgendwann pausieren wir an einer kleinen Grundschule. Auch in Norwegen sind offenbar Ferien, Kinder sind nämlich keine zu sehen. Unsere Mädels erkunden das Gelände ziemlich genau, schauen in die Klassenzimmer, stellen Vergleiche an, entdecken den Spielplatz für sich und stromern über die Sportanlagen.
Schon wenige Kilometer weiter folgt die nächste Pause, die Kinder entdecken nämlich einen wunderbaren Flecken an einem See. Wir halten uns eine ganze Weile auf, die Kinder springen ins Wasser, schwimmen hinaus zur Holzbadeinsel, fotografieren sich - was sie eben so gerne machen…
Es fällt dann gar nicht so schwer, Claudia zu überreden, hier zu übernachten. Wir laden also die Räder ab und wollen mit dem Zeltaufbau beginnen. Claudia macht sich auf den Weg in den nächsten Ort, um für das Abendessen einzukaufen - weit kommt sie allerdings nicht: bei der Abfahrt entdeckt sie ein Schild, welches an diesem See explizit das wilde Campieren verbietet. Wie schade!
Wir respektieren diese Verbot, beladen wieder die Räder und setzen unsere Reise fort. Noch vor der nächsten Ortschaft, namentlich Fitjar, kommen wir an einem halbfertigen Campingplatz vorbei, der allerdings so wenig einladend wirkt, dass wir weiterfahren.
Ziel ist nun die Fähre in Sandvikvåg, welche uns in einer knappen Stunde nach Halhjem (etwa sechs Kilometer südlich von Osøyro) bringen wird. Der Weg dorthin ist ausgesprochen schön; das Sonnenlicht hat bereits einen abendlichen Schein, die Strecke ist wellig, es geht durch Wälder und oft kann man linker Hand das Meer sehen. Die orangefarbenen Fahrbahnmarkierungen lassen mich an Bilder aus Alaska denken. Unterwegs entdecken wir am Straßenrand sogar eine lebende Schlange, die wir eine ganze Weile beobachten.

Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen

Die diesjährige Etappe neigt sich ihrem Ende entgegen,
langsam aber sicher rollen wir auf Bergen zu


Am Hafen angekommen müssen wir nicht warten, sondern können direkt auf eine Fähre hinaufrollen. Ich habe die Fahrräder noch nicht einmal fertig vertaut, da legt sie auch schon ab. Wir sitzen auf dem kühlen, windigen Deck in der Abendsonne, futtern Kuchen und genießen die Überfahrt. Die Landschaft ringsum ist waldig, hügelig - skandinavisch!

Halhjem ist zunächst quirlig: viel Autoverkehr und Abgasgestank umgibt uns. Bald windet sich der NSCR jedoch wieder auf kleinen, hügeligen Nebenstraßen durch dicht besiedeltes Gebiet, Ziel ist Osøyro.
Weder unser Reiseführer noch unsere Karten geben es her, doch von Hilly wissen wir, dass es hier eine Zeltmöglichkeit gibt. Im Ort angekommen herrscht zunächst Ratlosigkeit, nichts ist ausgeschildert. Claudia fragt dann an einer Tankstelle nach, bekommt dort sehr nette Auskunft, man ruft sogar für sie dort an. Wir erfahren, dass es nicht weit von hier in einem Randgebiet des kleinen Ortes auf einem Hügel einen Bauernhof gibt, wo man Radelnden und Wanderern auf privatem Grund die Möglichkeit zum Zelten gibt.
Leicht finden wir den Weg, arbeiten uns den letzten Anstieg des Tages hinauf und sind dann sehr angetan von der privaten Atmosphäre, die uns erwartet. Die Dame des Hauses empfängt uns freundlich, zeigt uns den Garten, wo wir die Zelte aufstellen dürfen und bittet uns darum, einen Eintrag im Gästebuch vorzunehmen. Wir verewigen uns direkt unter Hilly und Jacob, die kurz vor uns hier rasteten.
Die Kinder sind bald verschwunden, der Sohn des Hofes, kaum älter als Johanna, zeigt den Mädels die Tiere im Stall. Erst spät essen wir…



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Freitag, 13.07.2012

Karte Tagesetappe


Etwas Wehmut überkommt mich, werden wir doch heute die Vororte von Bergen und damit den Zielort der diesjährigen NSCR-Etappe erreichen. Knapp dreißig Kilometer sind es bis dort.
In der Nacht hat es viel und kräftig geregnet, ich habe schlecht geschlafen. Um zehn wecken uns die Kinder, indem sie uns mitteilen, dass sie nun hinunter zum Pferdestall gehen. Okay. Ich stehe auf, kümmere mich in der Küche am Haus um Tee und Kaffee, schaue nebenbei ein wenig bei Facebook rein, denn hier gibt es mal wieder ein WLAN.
Bis zum Mittag regnet es weiterhin leicht, die Abfahrt erfolgt dann aber erfreulicherweise im Trockenen. Die Kinder überreden uns, noch einmal bei den Pferden rumzufahren, sie möchten uns die Fohlen zeigen.
Es bleibt den Tag über recht kühl und wir fahren fast die ganze Zeit durch Wälder. Ein letzter 230er Berg liegt auf dem Weg; dieser wird von den Kindern fast ohne Pausen erklommen - ich habe den Eindruck, sie haben sich richtig daran gewöhnt, Berge hinaufzupedalieren…

Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen

Unterwegs in Norwegen, etwas südlich von Bergen


Oben angekommen reicht der Blick weit über die zerrissene Küste bis zu den Vororten Bergens. Da wollen wir nun hin! Die letzte rasante Abfahrt des Urlaubs steht an, auch diese überstehen wir unbeschadet. Unten angekommen halten wir kurz an am Rande der befahrenen Straße, um uns zu sammeln. Während wir da stehen, kommt ein anderer Radler den Berg hinabgesaust und hält an auf ein Pläuschchen. Es ist der Niederländer Jaap, unterwegs auf Zweimonatstour von Holland zum Nordkapp. Wir tauschen uns über die Zeltplätze Bergens aus, die ja alle eher dezentral gelegen sind, und teilen mit, dass wir jenen in Nestun ansteuern. Die Einfahrt nach Bergen ist klasse, der Radweg gut ausgebaut und bestens beschildert. Und da ich den mitten in einem Wohngebiet gelegenen Campingplatz bereits im Navigationsgerät gespeichert hatte, ist das Auffinden desselben kein Problem. Vorher legen wir noch einen Einkaufs- und Geldholstopp ein.
Besonders sympathisch ist der Zeltplatz nicht. Er ist an das ebenfalls dort vorhandene Motel mit großem Parkplatz angegliedert, die Wiese ist klein und der Küchen- und Sanitärtrakt nicht besonders einladend. Dafür liegen die Kosten mit umgerechnet gut 20 Euro jedoch auch nur bei etwa zwei Dritteln dessen, was wir im Gesamtdurchschnitt in diesem Jahr berappen mussten.
Wir bauen unsere Zelte neben dem kleinen Hilleberg Akto auf, welches - das ist an dem daneben stehenden Rad zu erkennen - dem Niederländer Jaap gehört. Bald treffen wir ihn auch an und plaudern eine ganze Weile. Er berichtet, dass dies seine zweite längere Solofahrt ist, nachdem er vor einigen Jahren schon einmal für mehrere Monate im arabischen Raum unterwegs war. Nun ist das Nordkapp sein Ziel, wobei er das sehr zurückhaltend und eher bescheiden äußert. In seinem Blog werde ich später verfolgen, dass er es wirklich bis ganz oben in den Norden schaffen wird.

Wir beschließen den Abend mit einer Riesenladung Hot Dogs, einer eher unappetitlichen Portion Fertigpudding aus einem Ein-Liter-Tetrapack und einigen Runden Kniffel.



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Samstag, 14.07.2012


Die Nacht ist unruhig: eine Gruppe polnischer Jugendlicher in den nahen Nachbarzelten veranstaltet einen ziemlichen Lärm. Wir wundern uns überhaupt über diese Truppe, irgendwie scheinen sie tagelang nur auf dem Campingplatz abzuhängen; zwischendurch wird sich dann mal im Duschtrakt aufgebrezelt, dann geht es wieder ins oder ans Zelt, dabei meistens prollig lärmend. Etwas nervig.
Das Wetter ist okay, wir frühstücken auf der Wiese und machen uns gegen Mittag auf den Weg in die Stadt, deren Besichtigung unser heutiges Tagesprogramm sein soll. Gut zehn Kilometer sind es von unserem Lager im Vorort Nestun bis in die Innenstadt, sehr oft finden wir einen guten Radweg vor.
Wir flanieren über den Fischmarkt am Hafen, entdecken in der Einkaufsstraße einen Straßenkünstler, der mit allerlei artistischen Einlagen ein großes Publikum fesselt, während nebenan ein Grüppchen südamerikanischer Pseudoindianer mit Panflötenmucke à la El Condor pasa nervt. Deutlich besser gefällt mir da ein vagabundierender Bluesmusiker, welchem wir am Hafen ein Weilchen zuhören. Fotos und Zeitungsausschnitte an seinem Instrumentenkoffer zeigen ihn an allen möglichen Orten dieses Planeten, sein halbes Leben ist er scheinbar musizierend umhergezogen.

Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen, Bergen

Am Hafen von Bergen: das bekannte Bryyge-Quartier


Deutlich interessanter, als ich es erwartet hätte, ist das Brygge-Viertel, bei dem es sich nicht nur um eine, wie ich immer annahm, restaurierte Frontzeile alter Häuser handelt, sondern um ein richtiges kleines Quartier mit historischen Gebäuden, in und an welchen man nett herumschlendern kann. Natürlich ist hier viel los, Scharen von Touristen wälzen sich durch die Gassen, viele kommen vom großen Costa-Kreuzfahrtschiff, welches im Hafen liegt.
Zwischendurch fällt immer mal wieder ein wenig Regen.
Am Hafen beeindrucken wieder einige Platform-Supplier, die auch hier, wie schon in Stavanger, die Aura maritimer Wildheit umgibt. Das Schlossareal erkunden wir dann auch noch und schließlich lassen es sich die Mädels nicht nehmen, fast jedes der zahllosen Souvenir-Geschäfte hineinzuschauen. Toni findet hier zu ihrer großen Freude die heiß begehrte Norwegen-Tasche, die ihr am Preikestolen vor der Nase weggekauft wurde…

Wieder am Zeltplatz stärken wir uns mit gefüllten Taco-Chips und verbringen den Abend mit einer ausgiebigen Partie Kniffel (ausnahmsweise gewinne ich heute mal!).



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Sonntag, 15.07.2012


Dafür, dass Bergen als das Regenloch Norwegens fragwürdigen Ruhm genießt, haben wir bemerkenswertes Glück. Sonnig, mild und trocken begrüßt uns der Tag, an dem wir zu einem weiteren Sightseeing-Besuch in die Innenstadt aufbrechen.

Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen, Bergen

Nicht nur die Einfahrt in die ziemlich große Stadt Bergen ist sehr radlerfreundlich, auch innerstädtisch finden wir eine gute Infrastruktur vor




Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen, Fløyen

Eine Bahn bringt uns auf den gut 300 Meter hohen Fløyen. Von oben haben wir einen schönen Blick auf die Stadt - man beachte:
wir sind in Bergen und es regnet nicht!


Zwei Bergbahnen kann man nutzen, wenn man von Bergen aus hinauf möchte; zum einen gibt es eine Kabinenseilbahn am Ulriken, mit welcher man eine Aussichtsplattform in gut 640 Metern Höhe erreicht.
Zum anderen gibt es die Fløibahn, mittels derer es möglich ist, einen Aussichtspunkt auf dem Berg Fløyen gut 300 Meter über der Stadt zu erreichen. Der "Bahnhof" befindet sich in unmittelbarer Hafennähe und dieser ist das Ziel unseres heutigen Ausflugs in die Stadt.
Die Fahrt an sich ist bereits ein echtes Erlebnis, flott und steil geht es hinauf und dabei eröffnet sich ein wirklich beeindruckender Blick über die Stadt.
Oben angekommen halten wir uns eine ganze Weile an der Aussichtsterrasse auf, natürlich herrscht auch hier reges Treiben. Es gibt ein zweites Frühstück und Tee aus dem Rucksack, bevor wir uns in dem angrenzenden Wäldchen ein wenig umsehen. Lange verbringe ich mit den Kindern an einem Klettergerüst, später entdecken wir zwischen zwei Bäumen eine Slackline, auf die ich mich wage. Die Kinder trauen sich auch, vor allem Toni ist ausgesprochen ehrgeizig. Bald eineinhalb Stunden probieren wir uns, bis es endlich ein paar Mal gelingt, komplett über das Seil zu balancieren!

Hinab fahren wir auch wieder mit der Bahn - haben uns für die faule Variante entschieden. Man könnte auch zu Fuß gehen, es gibt einen Wanderweg hinab in die Stadt. Nun fallen doch noch ein paar Regentropfen, während wir abermals durch die Souvenirläden gehen. Toni hat sich schon oben am Fløyen eine Wollmütze gekauft, die sie in den kommenden Monaten nur noch in Ausnahmefällen abnehmen wird.



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Montag, 16.07.2012

Karte Tagesetappe


Nun geht die Reise wirklich zu Ende. Zeitig stehen wir auf, das Wetter gibt sich instabil, noch regnet es. Frühstück. Zähneputzen. Packen.
Als wir uns dann auf die mittlerweile vertraute 11-Kilometerfahrt in die Stadt begeben ("…und täglich grüßt das Murmeltier…"), ist es aber schon wieder trocken.
Wir verbraten im nahen Supermarkt die letzten Norwegischen Kronen und laden die Packtaschen voll mit Proviant für die lange Seereise, die uns bevorsteht.
Wir sind gut in der Zeit und so können wir noch an einer weiteren Slackline anhalten, welche wir im Stadtpark in Bergen entdecken.
Bald dann sind wir auf der Fähre, die am frühen Nachmittag ausläuft. Bedauerlicherweise haben die Kinder vergessen, an Land ihre letzten Postkarten einzustecken (…nicht, dass wir sie nicht in den letzten Wochen schon immer mal wieder daran erinnert hätten…), doch zum Glück gibt es auch an Bord die Möglichkeit die Karten loszuwerden.

Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen, Bergen

Das Ende der Reise ist gekommen. Von Bergen werden wir mit einem Zwischenstopp in Stavanger über Nacht bis Hirtshals in Dänemark fahren.




Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Norwegen, Haugesund

Über diese große Brücke in Haugesund sind wir vor nicht allzulanger Zeit noch hinübergeradelt


Das Wetter bleibt ausgesprochen wechselhaft - kühle, nasse Episoden wechseln sich ab mit fast wolkenlosem Sommerwetter. So tuckern wir Stunde um Stunde entlang der Küste nach Süden und können dabei so manchen Ort oder Abschnitt wieder erkennen, den wir in den zurückliegenden Wochen bereist haben. Das GPS hilft mir manchmal dabei, diese Punkte zu lokalisieren, denn ich habe ja an jedem Zeltplatz einen Waypoint generiert. Diese sind nun im Display leicht zu erkennen und mit der realen Umgebung abzugleichen. Toll ist auch die Fahrt vorbei an Haugesund, wir passieren die große Brücke, auf welcher wir schon einmal radelten.
Die ständig wechselnden Landschafts- und Wetterverhältnisse lassen die Fahrt nicht langweilig werden. Zwischendurch treffen wir uns dann mal zum Abendessen in der Kabine, Tee und Schnittchen.
Toni und Claudia ziehen sich irgendwann zurück, während Johanna und ich noch bis halb zwölf an Deck verharren. In der Dämmerung zieht die Küste an uns vorbei, auf Wiedersehen, Norwegen!



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Dienstag, 17.07.2012


Um kurz nach sechs werde ich vom Gerumpel in der Nachbarkabine wach, kann nicht mehr schlafen. Nun ja, nicht ganz so schlimm, um sieben wollten wir ohnehin aufstehen. Also: Frühstückssachen zusammenpacken, Tee kochen und ab an Deck.
Die Sonne scheint, kaum Wolken sind am Himmel auszumachen und ich bin überrascht von der relativen Wärme schon zu so früher Stunde. Ist wohl doch ein Unterschied, immerhin befinden wir uns nun gut dreihundert Kilometer weiter südlich auf der Erdkugel, als noch bei der Abfahrt.
Das Frühstück an Deck ist ein Genuss, welch wunderbarer Morgen! Ich ziehe kurz in Betracht, ob ich vielleicht mit dem Rad nach Kiel heimfahren soll, was ich aber schnell wieder verwerfe. Claudia steht dem sogar sehr offen gegenüber, doch ich denke, die NSCR-Unternehmung wurde gemeinsam im Familienverband begonnen und soll auch gemeinsam beendet werden.
Wäre wahrscheinlich auch hinsichtlich des Wetters keine wirklich gute Idee gewesen, schon morgen sollte uns bei Starkregen mal wieder Wasser in den Keller laufen.
Wir nehmen mit Schwiegervater Werner Kontakt auf, der wie verabredet in Hirtshals übernachtet hat und bereit steht, uns heimzufahren.
In der Ferne überholt uns die blöde Highspeedfähre und bald ist die Küste Dänemarks in Sichtweite. Wir müssen nach dem Erreichen des Hafens über eine halbe Stunde in dem mit Abgasen verpesteten Innenraum der Fähre warten, bis wir schließlich als letzte gegen neun Uhr den Kahn verlassen dürfen. Das nervt etwas.

Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route, Dänemark, Hirtshals

Am Morgen erreichen wir Hirtshals, von wo wir mit dem Auto abgeholt werden


Schnell und mittlerweile ja wirklich routiniert ist das Gepäck im Anhänger verladen, möglicherweise das letzte Mal während des NSCR-Projekts. Aber wer weiß, noch ist völlig unklar, wie wir 2013 auf die Shetlands und Orkneys kommen werden…

Die Fahrt durch Dänemark ist prima, wir kommen flott voran und erreichen bald wieder Schleswig-Holstein.



Nordseeküstenradweg, North Sea Cycle Route

Hier geht es zum Bericht des Folgejahres (2013)




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